Punkte, Führerschein und Fahrverbot Teil 1
Urteil 1
Gemäß 4 Abs. 3 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich im Verkehrszentralregister 18 oder mehr Punkte ergeben.
Verwaltungsgericht Trier
Az.: 2 L 399/06.TR
Beschluss vom 18.05.2006
In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen Entziehung der Fahrerlaubnis hier: Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO hat die 2.Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der Beratung vom 18. Mai 2006 beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2500,-- € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid über die Entziehung der Fahrerlaubnis vom 06. April 2006 anzuordnen, ist zulässig, er hat in der Sache keinen Erfolg.
Im Rahmen der nach 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Bescheides das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, weil der Bescheid sich als rechtmäßig darstellt und wegen der überragenden Interessen der Verkehrssicherheit die Notwendigkeit ersichtlich ist, die weitere Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr zu unterbinden.
Gemäß 4 Abs. 3 Nr. 3 Straßenverkehrsgesetz StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich im Verkehrszentralregister 18 oder mehr Punkte ergeben. Im Falle des Antragstellers ergeben sich 18 Punkte. Die diesbezügliche Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 17. März 2006 trifft inhaltlich zu. Die seit 1999 von dem Antragsteller begangenen Verkehrsübertretungen führen rein rechnerisch zu einem Gesamtpunktestand von 22 Punkten. Da die beiden zeitlich ersten Übertretungen aus den Jahren 1999 und 2000 gemäß 29 Abs. 6 S. 4 StVG nach fünf Jahren zu tilgen waren, sind die hierfür insgesamt vergebenen vier Punkte in Abzug zu bringen, was zu einem Punktestand von 18 Punkten führt.
Entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung sind die drei Punkte, die sich aus der Übertretung vom 08. Januar 2001 ergeben, nicht zu tilgen. Gemäß 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG beginnt die Tilgungsfrist bei verwaltungsbehördlichen Bußgeldentscheidungen mit dem Tag der Rechtskraft der beschwerenden Entscheidung. Bezüglich der Tat vom 08. Januar 2001 trat die Rechtskraft jedoch erst am 25. April 2001 ein, mit der Folge, dass Tilgungsreife erst am 25. April 2006 bestand. Zu diesem Zeitpunkt war der angefochtene Bescheid jedoch bereits ergangen.
Entgegen der Behauptung des Antragstellers wurde dieser auch beim Stand von 8 Punkten verwarnt. Das entsprechende Schreiben des Antragsgegners datiert vom 01. Oktober 2002 und wurde dem Antragsteller ausweislich der betreffenden Zustellungsurkunde am 02. Oktober 2002 in den Briefkasten eingelegt. In dem Schreiben wurde der Antragsteller auch auf die Möglichkeit einer freiwilligen Teilnahme an einem Aufbauseminar hingewiesen. Auch ist die in 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 StVG vorgesehene Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar ergangen. Eine Reduzierung des Punktestandes konnte daher im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nicht erfolgen.
Damit aber war dem Antragsteller, ohne dass auf die von ihm geltend gemachten beruflichen Belange Rücksicht genommen werden konnte, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 StVG handelt es sich um zwingendes Recht. Eine auf 6 Abs. 1 Nr. 1 w) StVG beruhende Ausnahmeregelung liegt nicht vor. Ungeachtet dessen hat der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, dass er sich bei den einzelnen Verkehrsverstößen jeweils etwa in Ausnahmesituationen befunden hätte (vgl. hierzu: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13. August 2003 -1 M 80/03-). Soweit er hierzu geltend gemacht hat, dass er Berufskraftfahrer ist und dass die Verkehrsverstöße durchweg im Rahmen der Berufsausübung begangen worden sind, kann dies ungeachtet der Tatsache, dass ein solcher aus rechtlichen Gründen keine Berücksichtigung finden könnte- schon im Ansatz keinen Ausnahmetatbestand darstellen. Gerade Verkehrsteilnehmer, die sich häufig im Straßenverkehr bewegen, sind in besonderer Weise verpflichtet, die Verkehrsregeln einzuhalten. Der Antragsteller hat sich jedoch trotz mehrfacher Hinweise des Antragsgegners und auch nach der Teilnahme an einem Aufbauseminar über verkehrsrechtliche Vorschriften hinweggesetzt.
Urteil 2
Ein Augenblicksversagen bei Geschwindigkeitsüberschreitung kann ein Absehen vom Fahrverbot unter Umständen nicht begründen.
OLG HAMM
Az.: 2 Ss OWi 43/01
Beschluss vom 19.02.2001
Vorinstanz: AG Witten Az.: 9 OWi 52 Js 1194/00 (252/00)
Bußgeldsache wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Witten vom 17. Oktober 2000 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 19. Februar 2001 durch nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. 79 Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. 399 Abs. 2, 4 StPO einstimmig beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
G r ü n d e:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach den 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit 24 StVG zu einer Geldbuße von 200 DM verurteilt. und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Betroffene am 9. Juli 2000 mit seinem Pkw in den in Fahrtrichtung mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 65 km/h befahren, obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit dort durch Zeichen 274 auf 30 km/h beschränkt war. Die Messung erfolgte mit dem Lasermessgerät Riegel LR 90-235/P, das Amtsgericht ist von einer vorwerfbaren Geschwindigkeit von 62 km/h ausgegangen.
Mit seiner Rechtsbeschwerde erhebt der Betroffene die formelle und materielle Rüge. Zur Begründung der formellen Rüge macht er einen Verstoß gegen 261, 249 StPO geltend, den er damit begründet, dass ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls die Messunterlagen nicht im Wege des Urkundsbeweises in die Hauptverhandlung eingeführt worden seien. Zur Begründung der materiellen Rüge führt er aus, dass es zu der Geschwindigkeitsüberschreitung aufgrund eines sog. Augenblicksversagens gekommen sei. Davon habe auch das Amtsgericht ausgehen müssen. Denn er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit zunächst eingehalten und mit dieser ein äußerst langsam fahrendes Fahrzeug unmittelbar vor einer Verbreiterung des überholt. Infolge eines Streites zwischen seinen sich in seinem Pkw befindenden Kindern sei er abgelenkt gewesen und habe allein deshalb nicht auf die Beschilderung geachtet. Er sei deshalb aufgrund der Verbreiterung von der Aufhebung der Geschwindigkeitsbeschränkung ausgegangen und wieder schneller gefahren.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde nach 79 Abs. 3, 349 Abs. 2 StPO zu
verwerfen.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat keinen Erfolg. Die nur knappe Begründung des Verwerfungsantrags gibt dem Senat Anlass zu folgenden Ausführungen:
1. Die formelle Rüge ist unzulässig, da sie nicht in der nach 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderlichen Form begründet worden ist.
Der Betroffene macht einen Verstoß gegen die 261, 249 StPO geltend, wenn er rügt, das Amtsgericht habe die Messunterlagen verwertet, ohne diese in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben. Zutreffend ist zwar der Hinweis der Verteidigung darauf, dass sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung nicht ergibt, dass diese Unterlagen gemäß 249 StPO verlesen worden sind. Zur ordnungsgemäßen Begründung dieser Verfahrensrüge gehört aber auch die Behauptung nebst Nachweis aus dem Protokoll der Hauptverhandlung, dass der Inhalt der Urhunden auch nicht anderweitig, insbesondere durch Vorhalt, in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist (Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., 249 StPO Rn. 33 mit weiteren Nachweisen; ständige Rechtsprechung alles Straf- und Bußgeldsenate des OLG Hamm, siehe zuletzt Beschluss des 3. Senats für Bußgeldsachen vom 9. Januar 2001 in 3 Ss OWi 899/00 = http://www.burhoff.de). Diesen Vortrag enthält die Rechtsbeschwerdebegründung nicht.
2. Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß den 41 (Zeichen 279) 49 StVO, 24 StVG. Die Geschwindigkeitsermittlung auf der Grundlage des vorliegend verwendeten Lasermessgeräts Riegel LR 90-235/P" ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung als sog. standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 39, 291 = DAR 1993, 474; NJW 1998, 321 = DAR 1998, 110) anerkannt (vgl. dazu nur Senat in ZAP EN-Nr. 241/98 = DAR 1998, 244 = MDR 1998, 836 = StraFo 1998, 273 = VRS 95, 141 mit weiteren Nachweisen). Demgemäß sind die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ausreichend.
3. Auch die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs lässt Rechtsfehler, die zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit führen würden, nicht erkennen.
Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass ein Ausnahmefall, der ein Absehen von der Verhängung des nach der lfd. Nr. 5.3.3 der Tabelle 1 a "Geschwindigkeitsüberschreitungen" der BußgeldkatalogVO vorgesehenen Regelfahrverbots rechtfertigen würde (vgl. dazu Jagusch/Hentschel, a.a.O., 25 StVG Rn. 15 ff. m.w.N.; sowie insbesondere BGHSt 38, 231 = NZV 1992, 286), nicht vorliegt.
Dazu reichen die Tatumstände und die sich aus der Person des Betroffenen ergebenden Umstände weder allein noch gemeinsam aus. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Umstände, die die Tat aus der Mehrzahl der sonstigen Fälle, die dem Regelfall unterliegen, mildernd herausheben könnten, nicht erkennbar sind.
Das Amtsgericht hat auch nicht die neuere Rechtsprechung des BGH (vgl. u.a. BGHSt 43, 214) übersehen, der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. zuletzt u.a. Senat in NZV 2001, 90 = DAR 2001, 85; siehe auch NZV 1999, 215 = VRS 95, 382 = zfs 1999, 311 mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des Senats). Die insoweit erforderlichen näheren tatrichterlichen Feststellungen zu den äußeren Umständen der Geschwindigkeitsbeschränkung hat das Amtsgericht vorliegend getroffen. Soweit der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde wie auch schon beim Amtsgericht - geltend macht, zu der Geschwindigkeitsüberschreitung sei es aufgrund eines sog. Augenblicksversagens im Sinne der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) gekommen, kann er damit nicht gehört werden. Der Betroffene übersieht nämlich, dass ihm - so die Feststellungen des Amtsgerichts - die Geschwindigkeitsbeschränkung "bewusst" war. Allein die Verbreiterung der Straße berechtigte ihn dann aber nicht, davon auszugehen, dass nun die Geschwindigkeitsbeschränkung aufgehoben war. Er befand sich immer noch auf dem , auf dem unmittelbarer zuvor die Geschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt war. Wenn der Betroffene dann trotz des. Umstandes, dass er aufgrund des Streites seiner Kinder abgelenkt worden war, davon ausging, die Geschwindigkeitsbeschränkung sei jetzt aufgehoben, handelte er grob pflichtwidrig im Sinn der erwähnten Rechtsprechung des BGH (vgl. zu einem vergleichbaren, allerdings vor der neuen Rechtsprechung des BGH liegenden Fall des Rotlichtverstoßes Senat in ZAP EN-Nr. 288/97 = VM 1997, Nr. 99 = NZV 1997, 996 = VRS 93, 377). Dabei kommt dem Umstand, dass der Betroffene zudem auch die ohne die Geschwindigkeitsbeschränkung innerorts maßgebliche Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten hat, zusätzlich besondere Bedeutung zu (vgl. dazu BGH, aaO; KG, Beschluss vom 6. Oktober 2000), 3 Ws (B) 437/00 = http://www.strafverteidiger-berlin.de).
Auch die Ausführungen und die Feststellungen des Amtsgerichts zu der Frage, ob nicht in der Persönlichkeit des Betroffenen Umstände gegeben sind, die ausnahmsweise das Absehen von der Verhängung des Regelfahrverbots rechtfertigen würden, halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Der Betroffene kann sich nicht darauf berufen, dass er bislang straßenverkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Die Regelahndung nach der BußgeldkatalogVO geht nämlich in 1 Abs. 2 gerade davon aus, dass Voreintragungen nicht vorliegen. Das Amtsgericht hat zudem mit zutreffenden Erwägungen verneint, dass für den Betroffenen durch die Verhängung des Fahrverbots eine besondere Härte eintritt. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass ein Fahrverbot bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen als Rechtsanwalt und Notar vorübergehend zu Schwierigkeiten führen wird. Diese hat der Betroffene aber als die mit einem Fahrverbot üblicherweise verbundenen Schwierigkeiten als selbstverschuldet hinzunehmen. Das hat der Senat in der Vergangenheit schon wiederholt für Berufskraftfahrer entschieden und die seiner Rechtsprechung zugrunde liegenden Überlegungen auch für selbständig Tätige angewendet, und zwar insbesondere nach Einführung des 25 Abs. 2 a StVG (vgl. dazu zuletzt Senat in NZV 2001, 90 = DAR 2001, 85 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch für einen als Rechtsanwalt tätigen Betroffenen. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht vorliegend, insbesondere unter Berücksichtigung des Maßes der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung, kein Anlass. Dass der Betroffene durch das vorübergehende Fahrverbot seine Existenz verlieren oder diese gefährdet würde, was ggf. zu einer anderen Beurteilung führen würde, hat er noch nicht einmal mit der Rechtsbeschwerde behauptet; dafür bieten die für- den Senat maßgeblichen tatsächlichen tatrichterlichen Feststellungen zudem auch keine Anhaltspunkte.
Da das Amtsgericht sich bei der Begründung der Verhängung des Fahrverbots schließlich auch noch ausreichend mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob nicht allein deshalb von der Verhängung des Fahrverbots - bei gleichzeitiger Erhöhung der festgesetzten Geldbuße - abgesehen werden konnte, weil bei diesem Betroffenen der mit dem Fahrverbot erstrebte Besinnung- und Erziehungseffekt auch auf diese Weise erreicht werden kann (vgl. dazu u.a. Senat in ZAP EN-Nr. 12/2000 = DAR 2000, 129 = MDR 2000, 269 = VRS 98, 305 = NZV 2000, 269 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Senats), war nach allein die getroffene Rechtsfolgenentscheidung nicht zu beanstanden und die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf 973 Abs. 1 StPO in Verbindung mit 79 Abs. 3 OWiG.
Urteil 3
Ein Entzug der Fahrerlaubnis ist aufgrund altersbedingter Fahruntüchtigkeit möglich.
VERWALTUNGSGERICHT GÖTTINGEN
Az.: 1 B 1128/00
Beschluss vom 11.08.2000
BESCHLUSS
Streitgegenstand: Entziehung der Fahrerlaubnis hier: Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO
In der Verwaltungsrechtssache des Kaufmanns hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 1. Kammer - am 11. August 2000 beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 DM festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsgegner hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides in einer den Anforderungen des 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet.
Die in materiell-rechtlicher Hinsicht im Rahmen der Entscheidung nach 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der Gewährleistung der Verkehrssicherheit überwiegt das private Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung der angeordneten Fahrerlaubnisentziehung verschont zu bleiben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Fachsenats des Nds. Oberverwaltungsgerichtes, der sich die Kammer angeschlossen hat, ist einem Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO, der sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Fahrerlaubnisentziehungsverfügung wendet, in aller Regel der Erfolg zu versagen, wenn sich in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergibt, dass der Antragsteller in dem Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist (vgl. Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschl. vom 11.05.1995, - 12 M 2648/95 - unter Hinweis auf den Beschl. v. 03.06.1993, - 12 M 2023/93 -).
Die angefochtene Entziehungsverfügung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich nicht zu beanstanden. Die Verfügung des Antragsgegners vom 30.06.2000 findet ihre Rechtsgrundlage in den 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Der Antragsgegner hat die der Entziehungsverfügung zugrundeliegende Annahme der mangelnden Eignung des
Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zurecht damit begründet, dass der Antragsteller der Aufforderung vom 03.05.2000, sich beim TÜV Göttingen einer Fahrprobe zu unterziehen, nicht Folge geleistet hat. Denn weigert sich der Betroffene, eine von ihm zurecht geforderte Begutachtung durchzuführen und das betreffende Gutachten beizubringen, darf die Fahrerlaubnisbehörde hieraus auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (vgl. 46 Abs. 4 Satz 3, 11 Abs. 8 FeV).
Die Aufforderung vom 03.05.2000 an den Antragsteller, sich einer Fahrprobe durch einen amtlichen Prüfer des TÜV Göttingen zu unterziehen, beruht auf 46 Abs. 4 Satz 2 FeV i.V.m. 17 FeV und ist nicht zu beanstanden. Hiernach kann die Fahrerlaubnisbehörde bei konkreten Tatsachen für eine mangelnde Befähigung zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen die Absolvierung einer praktischen Fahrprüfung/Fahrprobe anordnen.
Soweit der Antragsteller diese Anordnung für rechtswidrig hält, weil er von einem anonymen Denunzianten, der möglicherweise mit der Polizei in Verbindung zu bringen sei, beim Antragsgegner angeschwärzt und dieser aufgrund von unsubstantiierten und sachlich unzutreffenden Anschuldigungen tätig geworden sei, so vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Der Vermerk des Antragsgegners vom 26.04.2000 über ein Gespräch mit der Polizei enthält wohl keine genauen Angaben bzgl. einzelner Vorfälle, doch wurde dort angegeben, dass der Antragsteller sein Fahrzeug ganz offensichtlich nicht mehr sicher beherrsche und die Verkehrsregeln (insbesondere Vorfahrtsregeln) häufig missachte und deshalb dringend eine Überprüfung der Kraftfahreignung empfohlen werde. Angesichts dieser im Ergebnis klaren und eindeutigen polizeilichen Mitteilung bestand für den Antragsgegner keine Veranlassung, deren inhaltliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen und hier umfangreiche Recherchen über die konkrete Art und Weise und den Zeitpunkt der Auffälligkeiten des Antragstellers anzustellen.
Unabhängig davon haben sich diese konkreten Tatsachen für eine fehlende Befähigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Verlaufe des Verwaltungsverfahrens nachdrücklich bestätigt und erhärtet. So hat der Antragsteller anlässlich eines Telefonats mit dem Antragsgegner am 09.05.2000 mitgeteilt, er habe sich schon einer Überprüfung durch den Fahrlehrer F. unterzogen, der keinerlei Beanstandungen festgestellt habe. Anlässlich dieses Gespräches fiel dem Mitarbeiter des Antragsgegners auf, dass der Antragsteller sehr schleppend sprach und mitunter lange nach einem Wort suchen musste. Obwohl der Antragsteller mit Schreiben vom 21.06.2000 mitgeteilt hatte, er werde umgehend eine Bescheinigung des Fahrlehrers F. über die Überprüfung seiner Fahrleistungen vorlegen, ist dies bis heute nicht geschehen. Vielmehr hat eine telefonische Nachfrage des Antragsgegners bei dem Fahrlehrer F. am 12.07.2000 ergeben (zahlreiche Versuche der Kontaktaufnahme waren in der Vergangenheit ergebnislos geblieben), dass dieser keinesfalls eine positive Bescheinigung über die Kraftfahreignung des Antragstellers ausstellen würde - dies könne er als Fahrlehrer nicht verantworten -, allenfalls eine negative. Offenkundig hat sich der Antragsteller an eine weitere Fahrschule wegen der Ableistung einer Fahrprüfung gewandt. Dies folgt aus einer telefonischen Nachfrage der betreffenden Fahrschule bei dem Antragsgegner am 04.07.2000, bis wann der Antragsteller die Prüfung abgelegt haben solle. Anlässlich dieser Nachfrage erhielt der Antragsgegner die Information, dass dem Antragsteller aufgrund einer durchgeführten Fahrstunde empfohlen worden sei, freiwillig auf die Fahrerlaubnis zu verzichten. Daraufhin habe der Antragsteller geantwortet, dass er sich gesund fühle und deshalb weiterfahren wolle. Für das Gericht besteht keinerlei Veranlassung, die Richtigkeit der vorgenannten Angaben und Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Dies lässt zur Überzeugung des Gerichts nur den Schluss zu, dass der am 24.06.1909 geborene Antragsteller aufgrund altersbedingter Defizite nicht mehr befähigt ist, ein Fahrzeug sicher zu führen.
Soweit der Antragsteller rügt, der Antragsgegner habe ihn unzulässiger Weise durch nachträgliche Telefonate erst den Sachverhalt ermittelt und ihm insoweit kein rechtliches Gehör gewährt, so geht er hierin fehl. Rechtliches Gehör hat sich der Antragsteller nämlich im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens verschafft, indem er erneut Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners genommen hat. Im Übrigen könnte der Antragsteller mit seiner Gehörsrüge auch deshalb nicht durchdringen, weil eine entsprechende Anhörung noch im Verlaufe des nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens nach 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nachgeholt werden könnte. Soweit es die Angriffe des Antragstellers gegen die Verwertbarkeit der nachträglich ermittelten bzw. bekannt gewordenen Umstände betrifft, so ist er zunächst darauf hinzuweisen, dass die Anordnung vom 03.05.2000, wie bereits dargelegt, durch die polizeiliche Mitteilung vom 26.04.2000 gerechtfertigt war. Die dem Antragsgegner am 09.05., 04.07. und 12.07.2000 bekannt gewordenen Umstände und Tatsachen sind zudem für das vorliegende Verfahren verwertbar. Hierbei handelt es sich um neue Tatsachen, die nicht nur die polizeiliche Mitteilung vom 26.04.2000 bestätigt haben, sondern von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Schutzpflicht des Staates gegenüber allen Verkehrsteilnehmern auch in einem bereits laufenden Entziehungsverfahren zu beachten sind (vgl. insoweit zur Verwertbarkeit von gutachterlichen Feststellungen trotz einer gerügten rechtswidrigen Beibringensaufforderung: BVerwG, NZV 1996, 332). Von daher sind die vorliegenden Informationen von zwei sach- und fachkundigen Fahrlehrern durchaus geeignet, die Fahrerlaubnisentziehung selbständig zu tragen, ohne dass es noch auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung vom 03.05.2000 ankäme.
Darüber hinaus hat der Antragsteller durch sein bisheriges Verhalten und seine grundlose Weigerung, die Fahrprobe zu absolvieren, die Annahme bestätigt, dass er vorliegende Eignungsmängel verbergen will. Hierin offenbart sich auch eine Uneinsichtigkeit des Antragstellers bezüglich seiner Verantwortung gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.
Nach alledem ist es im Interesse des Straßenverkehrs geboten, den Antragsteller mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen.
Private, berufliche und wirtschaftliche Konsequenzen der Fahrerlaubnisentziehung für den Antragsteller können insoweit keine Berücksichtigung finden. Dem Antragsteller ist daher dringend anzuraten, die geforderte Fahrprüfung umgehend durchführen zu lassen, um gegebenenfalls die Voraussetzungen für eine Wiedererlangung seiner Fahrerlaubnis zu schaffen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des zuständigen Fachsenats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts legt das Gericht bei einer Fahrerlaubnisentziehung der alten Klasse 3, wie sie hier in Streit steht, einen Wert von 8.000,00 DM zugrunde. Dieser Betrag ist im Hinblick auf den lediglich vorläufigen Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens auf 4.000,00 DM zu halbieren.
Urteil 4
Aufgrund der Nichtvornahme einer Fahrprobe beim TüV ist eine Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig.
VERWALTUNGSGERICHT GÖTTINGEN
Az.: 1 B 1128/00
BESCHLUSS
Streitgegenstand: Entziehung der Fahrerlaubnis hier: Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO
In der Verwaltungsrechtssache des Kaufmanns hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 1. Kammer - am 11. August 2000 durch den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Richtberg als Einzelrichter beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 DM festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antragsgegner hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides in einer den Anforderungen des 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet.
Die in materiell-rechtlicher Hinsicht im Rahmen der Entscheidung nach 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der Gewährleistung der Verkehrssicherheit überwiegt das private Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung der angeordneten Fahrerlaubnisentziehung verschont zu bleiben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Fachsenats des Nds. Oberverwaltungsgerichtes, der sich die Kammer angeschlossen hat, ist einem Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO, der sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Fahrerlaubnisentziehungsverfügung wendet, in aller Regel der Erfolg zu versagen, wenn sich in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergibt, dass der Antragsteller in dem Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist (vgl. Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschl. vom 11.05.1995, - 12 M 2648/95 - unter Hinweis auf den Beschl. v. 03.06.1993, - 12 M 2023/93 -).
Die angefochtene Entziehungsverfügung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich nicht zu beanstanden. Die Verfügung des Antragsgegners vom 30.06.2000 findet ihre Rechtsgrundlage in den 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Der Antragsgegner hat die der Entziehungsverfügung zugrundeliegende Annahme der mangelnden Eignung des
Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zurecht damit begründet, dass der Antragsteller der Aufforderung vom 03.05.2000, sich beim TÜV Göttingen einer Fahrprobe zu unterziehen, nicht Folge geleistet hat. Denn weigert sich der Betroffene, eine von ihm zurecht geforderte Begutachtung durchzuführen und das betreffende Gutachten beizubringen, darf die Fahrerlaubnisbehörde hieraus auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (vgl. 46 Abs. 4 Satz 3, 11 Abs. 8 FeV).
Die Aufforderung vom 03.05.2000 an den Antragsteller, sich einer Fahrprobe durch einen amtlichen Prüfer des TÜV Göttingen zu unterziehen, beruht auf 46 Abs. 4 Satz 2 FeV i.V.m. 17 FeV und ist nicht zu beanstanden. Hiernach kann die Fahrerlaubnisbehörde bei konkreten Tatsachen für eine mangelnde Befähigung zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen die Absolvierung einer praktischen Fahrprüfung/Fahrprobe anordnen.
Soweit der Antragsteller diese Anordnung für rechtswidrig hält, weil er von einem anonymen Denunzianten, der möglicherweise mit der Polizei in Verbindung zu bringen sei, beim Antragsgegner angeschwärzt und dieser aufgrund von unsubstantiierten und sachlich unzutreffenden Anschuldigungen tätig geworden sei, so vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Der Vermerk des Antragsgegners vom 26.04.2000 über ein Gespräch mit der Polizei enthält wohl keine genauen Angaben bzgl. einzelner Vorfälle, doch wurde dort angegeben, dass der Antragsteller sein Fahrzeug ganz offensichtlich nicht mehr sicher beherrsche und die Verkehrsregeln (insbesondere Vorfahrtsregeln) häufig missachte und deshalb dringend eine Überprüfung der Kraftfahreignung empfohlen werde. Angesichts dieser im Ergebnis klaren und eindeutigen polizeilichen Mitteilung bestand für den Antragsgegner keine Veranlassung, deren inhaltliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen und hier umfangreiche Recherchen über die konkrete Art und Weise und den Zeitpunkt der Auffälligkeiten des Antragstellers anzustellen.
Unabhängig davon haben sich diese konkreten Tatsachen für eine fehlende Befähigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Verlaufe des Verwaltungsverfahrens nachdrücklich bestätigt und erhärtet. So hat der Antragsteller anlässlich eines Telefonats mit dem Antragsgegner am 09.05.2000 mitgeteilt, er habe sich schon einer Überprüfung durch den Fahrlehrer F. unterzogen, der keinerlei Beanstandungen festgestellt habe. Anlässlich dieses Gespräches fiel dem Mitarbeiter des Antragsgegners auf, dass der Antragsteller sehr schleppend sprach und mitunter lange nach einem Wort suchen musste. Obwohl der Antragsteller mit Schreiben vom 21.06.2000 mitgeteilt hatte, er werde umgehend eine Bescheinigung des Fahrlehrers F. über die Überprüfung seiner Fahrleistungen vorlegen, ist dies bis heute nicht geschehen. Vielmehr hat eine telefonische Nachfrage des Antragsgegners bei dem Fahrlehrer F. am 12.07.2000 ergeben (zahlreiche Versuche der Kontaktaufnahme waren in der Vergangenheit ergebnislos geblieben), dass dieser keinesfalls eine positive Bescheinigung über die Kraftfahreignung des Antragstellers ausstellen würde - dies könne er als Fahrlehrer nicht verantworten -, allenfalls eine negative. Offenkundig hat sich der Antragsteller an eine weitere Fahrschule wegen der Ableistung einer Fahrprüfung gewandt. Dies folgt aus einer telefonischen Nachfrage der betreffenden Fahrschule bei dem Antragsgegner am 04.07.2000, bis wann der Antragsteller die Prüfung abgelegt haben solle. Anlässlich dieser Nachfrage erhielt der Antragsgegner die Information, dass dem Antragsteller aufgrund einer durchgeführten Fahrstunde empfohlen worden sei, freiwillig auf die Fahrerlaubnis zu verzichten. Daraufhin habe der Antragsteller geantwortet, dass er sich gesund fühle und deshalb weiterfahren wolle. Für das Gericht besteht keinerlei Veranlassung, die Richtigkeit der vorgenannten Angaben und Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Dies lässt zur Überzeugung des Gerichts nur den Schluss zu, dass der am 24.06.1909 geborene Antragsteller aufgrund altersbedingter Defizite nicht mehr befähigt ist, ein Fahrzeug sicher zu führen.
Soweit der Antragsteller rügt, der Antragsgegner habe ihn unzulässiger Weise durch nachträgliche Telefonate erst den Sachverhalt ermittelt und ihm insoweit kein rechtliches Gehör gewährt, so geht er hierin fehl. Rechtliches Gehör hat sich der Antragsteller nämlich im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens verschafft, indem er erneut Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners genommen hat. Im Übrigen könnte der Antragsteller mit seiner Gehörsrüge auch deshalb nicht durchdringen, weil eine entsprechende Anhörung noch im Verlaufe des nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens nach 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nachgeholt werden könnte. Soweit es die Angriffe des Antragstellers gegen die Verwertbarkeit der nachträglich ermittelten bzw. bekannt gewordenen Umstände betrifft, so ist er zunächst darauf hinzuweisen, dass die Anordnung vom 03.05.2000, wie bereits dargelegt, durch die polizeiliche Mitteilung vom 26.04.2000 gerechtfertigt war. Die dem Antragsgegner am 09.05., 04.07. und 12.07.2000 bekannt gewordenen Umstände und Tatsachen sind zudem für das vorliegende Verfahren verwertbar. Hierbei handelt es sich um neue Tatsachen, die nicht nur die polizeiliche Mitteilung vom 26.04.2000 bestätigt haben, sondern von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Schutzpflicht des Staates gegenüber allen Verkehrsteilnehmern auch in einem bereits laufenden Entziehungsverfahren zu beachten sind (vgl. insoweit zur Verwertbarkeit von gutachterlichen Feststellungen trotz einer gerügten rechtswidrigen Beibringensaufforderung: BVerwG, NZV 1996, 332). Von daher sind die vorliegenden Informationen von zwei sach- und fachkundigen Fahrlehrern durchaus geeignet, die Fahrerlaubnisentziehung selbständig zu tragen, ohne dass es noch auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung vom 03.05.2000 ankäme.
Darüber hinaus hat der Antragsteller durch sein bisheriges Verhalten und seine grundlose Weigerung, die Fahrprobe zu absolvieren, die Annahme bestätigt, dass er vorliegende Eignungsmängel verbergen will. Hierin offenbart sich auch eine Uneinsichtigkeit des Antragstellers bezüglich seiner Verantwortung gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.
Nach alledem ist es im Interesse des Straßenverkehrs geboten, den Antragsteller mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen.
Private, berufliche und wirtschaftliche Konsequenzen der Fahrerlaubnisentziehung für den Antragsteller können insoweit keine Berücksichtigung finden. Dem Antragsteller ist daher dringend anzuraten, die geforderte Fahrprüfung umgehend durchführen zu lassen, um gegebenenfalls die Voraussetzungen für eine Wiedererlangung seiner Fahrerlaubnis zu schaffen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des zuständigen Fachsenats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts legt das Gericht bei einer Fahrerlaubnisentziehung der alten Klasse 3, wie sie hier in Streit steht, einen Wert von 8.000,00 DM zugrunde. Dieser Betrag ist im Hinblick auf den lediglich vorläufigen Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens auf 4.000,00 DM zu halbieren.
Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund eines Herzleidens ist möglich.
VERWALTUNGSGERICHT NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE
Az.: 3 K 518/O1.NW
Verkündet am: 18. Juni 2001
In dem Verwaltungsrechtsstreit hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2001, für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis.
Die am 17. Januar 1914 geborene Klägerin verursachte am 21.März 2000 als Fahrerin eines Pkw einen Verkehrsunfall, indem sie in an der Einmündung der Raiffeisenstraße in die Hauptstraße die Vorfahrt eines anderen Pkw missachtete, wodurch es zum Zusammenstoß kam. Bei der Aufnahme des Unfalls durch die Polizei gab die Klägerin die Vorfahrtsverletzung zu. Ausweislich der Unterlagen der Polizeiinspektion betreffend den Verkehrsunfall gab die Klägerin dazu an, sie habe die andere Frau nicht gesehen; wenn sie sie gesehen hätte, so wäre sie nicht herausgefahren.
Am 28. April 2000 teilte dann die Klägerin im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Polizeiinspektion Dahn mit, dass sie sich den Unfallhergang immer wieder durch den Kopf habe gehen lassen, und schilderte dann den Unfallhergang folgendermaßen: Sie sei bereits abgebogen gewesen und in Richtung gefahren und habe wegen Gegenverkehrs rechts hinter einem Fahrzeug anhalten müssen. Seitens der Polizeiinspektion wurde in dem Vermerk über das mit der Klägerin geführte Gespräch vom 28. April 2000 festgehalten, dass dieser von der Klägerin nunmehr geschilderte Unfallhergang aufgrund der vorgefundenen Spurenlage, insbesondere des Splitterfeldes, nicht möglich sei. Wie durch die Unfallgegnerin im Nachhinein der Polizei bekannt geworden sei, habe die Klägerin im letzten Jahr einen ähnlichen Unfall verursacht, indem sie ebenfalls die Vorfahrt missachtet habe. Auch damals habe sie zunächst ihr Fehlverhalten eingeräumt, dann aber im Nachhinein ihre Schuld abgestritten. Ebenfalls im letzten Jahr sei es zu einem weiteren Unfall mit Vorfahrtsverletzung durch die Klägerin gekommen.
Über eine Verwandte der Klägerin, Frau X aus Y sei bekannt geworden,. dass die Klägerin erst tags zuvor nach einem leichten Schlaganfall (Durchblutungsstörungen) aus dem Krankenhaus entlassen worden sei. Die Klägerin habe zeitweise "kleine Aussetzer", welche immer wieder vorkommen könnten.
Aufgrund dieses Sachverhalts übersandte die Polizeiinspektion den Vorfall dem Beklagten zwecks Prüfung, ob die Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sei.
Mit Schreiben vom 5. Mai 2000 wurde die Klägerin unter Bezugnahme auf den von der Polizeiinspektion vorgetragenen Sachverhalt unter Fristsetzung aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten vorzulegen.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2000 teilte die Abteilung Gesundheitswesen des Beklagten mit, dass die Klägerin am 20. Juni 2000 zur Frage der Kraftfahreignung untersucht worden sei. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Untersuchung für ihr Alter überdurchschnittlich orientiert und körperlich rüstig gewesen. Es habe allerdings eine erhebliche Sehschwäche bestanden, die für die Kraftfahreignung relevant sei. Eine Sehhilfe werde zum Fahren nicht getragen. Es werde daher eine augenärztliche Überprüfung dringend für erforderlich gehalten. Anhand der der Abteilung Gesundheitswesen vorliegenden Unterlagen und Arztberichten sei auch eine fachinternistische Untersuchung erforderlich. Sobald diese Untersuchungsergebnisse vorlägen, werde seitens der Abteilung Gesundheitswesen die Beurteilung der Kraftfahreignung abschließend erfolgen.
Die Klägerin unterzog sich daraufhin bei den Augenärzten und bei dem Internisten jeweils einer Untersuchung. Herr Dr. Betten führt in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 24. August 2000 im Wesentlichen aus, ,dass die Klägerin einen örtlich und zeitlich vollorientierten Eindruck gemacht habe. Sie habe sich in einem für ihr Alter relativ guten Allgemeinzustand befunden; allerdings habe sich eine deutliche arrhythmische Herzaktion gefunden. Die im Langzeit EKG revizierten tachykarden Herzrhythmusstörungen stellten einen therapiebedürftigen Befund von Krankheitswert dar. Insbesondere könne die Tachycardie in Anbetracht des Alters ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellen. Die am 10.August 2000 erfolgte augenärztliche Untersuchung ergab ausweislich des Untersuchungsbefundes der , dass bei der Klägerin das Blendungs- und Dämmerungssehen etwas vermindert sei und nach Anbruch der Dämmerung ein Fahrverbot angezeigt sei. Bei der Klägerin bestehe Myopie und Astigmatismus.
Aufgrund dieser fachärztlichen Befunde kam die Abteilung Gesundheitswesen des Beklagten in ihrem ärztlichen Gutachten vom 15. September 2000 zu dem Ergebnis, dass nach diesen fachärztlichen Befunden eine Gesundheitsstörung vorliege, die für die Eignung erheblich sei. Es bestehe eine Herzerkrankung, die ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstelle, da es zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns kommen könne. Nach Nr. 3.4.5 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung liege keine Fahrtauglichkeit vor.
Nach vorheriger Anhörung der Klägerin entzog ihr der Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2000 unter Anordnung des Sofortvollzuges die Fahrerlaubnis der Klasse 3 und führte zur Begründung aus, dass die Abteilung Gesundheitswesen mit Schreiben vom 15. September 2000 mitgeteilt habe, dass bei der Klägerin aufgrund der eingeholten fachärztlichen Untersuchungsbefunde eine Gesundheitsstörung vorliege, die für die Kraftfahreignung erheblich sei. Es bestehe eine Herzerkrankung, die ein erhebliches Risiko darstelle, da es zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns kommen könne. Nach Nr. 3.4.5 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung liege keine Fahrtauglichkeit vor.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 2. Oktober 2000 Widerspruch und führte aus, sie sei im Vollbesitz ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten und erledige ihre täglichen Arbeiten selbst. Ihrer Auffassung nach treffe sie an den vorgeworfenen Unfällen kein Verschulden; Diesem Widerspruch fügte sie ein ärztliches Attest ihres Hausarztes vom 26. September 2000 bei. Darin führt der Hausarzt aus, dass nach seiner Einschätzung die Klägerin fahrtüchtig sei.
Mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 14. Dezember 2000 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund der Schilderungen der Polizeiinspektion die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens gefordert worden sei. Ob diese Forderung rechtmäßig gewesen sei, könne dahinstehen, da die Verwertbarkeit eines Gutachtens regelmäßig nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung abhänge. Vielmehr stelle die Aussage in der
amtsärztlichen Stellungnahme eine neue Tatsache dar, die selbständig verwertbar sei. Dieses amtsärztliche Gutachten komme unter Einbeziehung zweier fachärztlicher Gutachten zudem Ergebnis, dass aufgrund einer Herzerkrankung es bei der Klägerin infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch kommen könne und die Fahreignung daher nicht gegeben sei. Der Kreisrechtsausschuss habe anlässlich der mündlichen Verhandlung selbst einen Eindruck von der Klägerin gewinnen können, infolgedessen er nicht verkenne, dass diese trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch rüstig und geistig voll auf der Höhe sei. Dennoch habe der Kreisrechtsausschuss keine berechtigten Zweifel an der amtsärztlichen Aussage, die Herzerkrankung sei aufgrund der möglichen Folgeerscheinungen eignungsausschließend. Die Entziehungsverfügung erweise sich daher als rechtmäßig. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am B. Februar 2001 zugestellt.
Die Klägerin hat am 5. März 2001 Klage erhoben. Sie wiederholt im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Des Weiteren legte sie ein Attest ihres Hausarztes vom 23. Februar 2001 vor. Darin führt dieser aus, dass bei der Klägerin folgende Erkrankungen vorliegen: Koronare Herzkrankheit (125.9); Herzinfarkt (I21.9/Z); Hypertonus (110). Eine Fahruntüchtigkeit lasse sich bei der auch im vorliegenden Urteil ausgesprochenen Rüstigkeit der Patientin nicht erkennen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung führte die Klägerin noch aus, dass dem Gesundheitsamt sämtliche medizinischen Unterlagen, insbesondere ihres Hausarztes, vorgelegen hätten. Seit 1988 nehme sie täglich zwei Tabletten ein, eine zur Blutverdünnung und eine für das Herz.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 27. September 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese. Unterlagen lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Des Weiteren wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18. Juni 2001 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte hat der Klägerin die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - (BGBl. I 1998, S. 2214 ff.). Nach 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 4.1 der Anlage 4 zu den 11, 13 und 14 FeV besteht bei Herzrhythmusstörungen mit anfallsweiser Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Vorliegend kommt das amtsärztliche Gutachten vom 15. September 2000 unter Berücksichtigung der eingeholten fachärztlichen Befunde zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Herzerkrankung besteht, die ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellt, da es zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns kommen kann, weshalb keine Fahrtauglichkeit vorliege.
Dieses amtsärztliche Gutachten holte der Beklagte zu Recht gemäß 5 46 Abs. 3 i.V.m. 11 Abs. 2 FeV ein, da aufgrund der Mitteilung der Polizeiinspektion lag dem Beklagten Tatsachen bekannt wurden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen begründeten.
Dieses Gutachten basiert auf umfassender Kenntnis des Gesundheitszustandes der Klägerin. Nach Angaben der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung lagen dem Gesundheitsamt sämtliche medizinischen Unterlagen, insbesondere auch ihres Hausarztes, vor. Dass in diesem amtsärztlichen Gutachten vom 15-. September 2000 noch auf die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, womit das Gutachten des Gemeinsamen Beirates für Verkehrsmedizin beim Bundesminister für Verkehr und beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit "Krankheit und Kraftverkehr" aus dem Jahre 1985 gemeint ist, verwiesen wird und nicht auf die auch schon im Zeitpunkt des Ergehens der angefochtenen Bescheide geltende Anlage 4 zu 55 11, 13 und 14 FeV, ist hier für die Verwertbarkeit des Gutachtens unbeachtlich. Die in diesem Gutachten "Krankheit und Kraftverkehr" als Entscheidungshilfe für die Frage der Eignung zum Führen von. Kraftfahrzeugen enthaltenen Erkenntnisse entsprechen der nunmehr in der Anlage 4 zu 11, 13 und 14 FeV enthaltenen Aufstellung der häufiger vorkommenden Erkrankungen und Mängel, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können.
Im Übrigen stellt das amtsärztliche Gutachten vom 15.. September 2000, welches unter Berücksichtigung der eingeholten fachärztlichen Befunde erstellt wurde, eine neue Tatsache dar, die selbständig verwertbar ist.
Das von der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgelegte ärztliche Attest ihres Hausarztes, dem Facharzt für Allgemeinmedizin , vom 26. September 2000, in welchem dieser wörtlich attestiert "Nach meiner Einschätzung ist Frau fahrtüchtig", ist nicht geeignet, das Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens vom 15. September 2000 in Frage zu stellen. In diesem Attest des Hausarztes wird diese Einschätzung nicht weiter erläutert. Auch das von der Klägerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgelegte Attest ihres Hausarztes vom 23.Februar 2001 führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Ungeachtet dessen, dass es vorliegend für die Frage der Eignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000 ankommt, mithin das erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegte hausärztliche Attest vom 23. Februar 2001 nicht zu berücksichtigen ist, ergibt sich jedoch auch aus diesem Attest keine andere Beurteilung. In diesem Attest ist
Ausgeführt, dass bei der Klägerin eine koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt sowie Hypertonus vorliegen und eine Fahruntüchtigkeit sich bei der Rüstigkeit der Klägerin nicht erkennen lasse.
Auch in diesem Attest ist aber nicht erläutert, aufgrund welcher Tatsachen der Hausarzt die Klägerin für fahrtüchtig hält.
In beiden Attesten des Hausarztes ist auch nicht dargelegt, wie die Herzerkrankung der Klägerin behandelt wird, ob z.B. inregelmäßigen Abständen Langzeit-EKG's erfolgen oder Ähnliches.
Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Atteste waren daher nicht geeignet, das sich auf die fachärztlichen Untersuchungsbefunde vom 24. August 2000 und 10. August 2000 stützende amtsärztliche Gutachten vom 15. September 2000 zu entkräften. Auch der Vortrag der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung führt zu keiner anderen Entscheidung. So gab die Klägerin an, sie nehme seit 1988 täglich lediglich zwei Tabletten ein, nämlich eine zur Blutverdünnung und eine für das Herz. Sonstige nähere Angaben über die Behandlung der bei ihr bestehenden Herzerkrankung machte die Klägerin nicht.
Auch bedarf es hier keiner Klärung, ob die Klägerin in der Vergangenheit einen Schlaganfall erlitten oder - wie sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vortrug - an Beschwerden der Halswirbelsäule leidet. Jedenfalls steht aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 15. September 2000 fest, dass die Klägerin unabhängig von ihrem Alter wegen der bei ihr bestehenden Herzerkrankung zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus 167 Abs. 2 VwGO.
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird gemäß 13 Abs. 1 GKG auf 8.000,- DM festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des 5 Abs. 3 GKG mit der Beschwerde angefochten werden
Urteil 5
Führerscheinentzug wegen einer Straftat ist rechtmäßig, die unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen wurde.
BGH
Az: 1 StR 113/03
Beschluss vom: 14.05.2003
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2003 beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19. November 2002 wird als unbegründet verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, ihr die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für deren Neuerteilung von zwei Jahren bestimmt. Den Feststellungen zufolge überfiel die Angeklagte eine Apotheke und die Rezeption eines einsam gelegenen Hotels. Dabei erbeutete sie jeweils mehrere hundert Euro. Als Drohmittel setzte sie ein Messer, im zweiten Fall auch eine Schreckschußpistole ein. Bei der zweiten Tat fuhr sie den Tatort mit ihrem Pkw an und flüchtete anschließend auch mit diesem.
Die Revision der Angeklagten rügt die Verletzung sachlichen Rechts; sie ist unbegründet im Sinne des 349 Abs. 2 StPO. Der Erörterung bedarf nur die Entziehung der Fahrerlaubnis.
1. Die Entziehung der Fahrerlaubnis der Angeklagten hält rechtlicher Nachprüfung stand, obgleich das Landgericht die mangelnde Eignung der Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen lediglich damit begründet hat, daß sie ihr Fahrzeug im zweiten abgeurteilten Fall der schweren räuberischen Erpressung "zur Durchführung der Straftat" benutzte. Auf die Blutalkoholkonzentration von maximal 0,7 Promille zur Tatzeit (die Mindestblutalkoholkonzentration ist nicht festgestellt) und die langjährige schwere Medikamentenabhängigkeit von Benzodiazepin-Tranquilizern (ICD-10: F 13.2) der Angeklagten hat die Strafkammer in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich abgehoben, wiewohl sie deren Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet hat.
2. Die gegebene Begründung genügt hier den Anforderungen.
a) Der Senat hält an der Rechtsprechung fest, wonach für die Entziehung der Fahrerlaubnis nach 69 Abs. 1 StGB wegen einer Straftat aus dem Bereich der sog. allgemeinen Kriminalität ein verkehrsspezifischer Gefahrzusammenhang nicht ausdrücklich festgestellt werden muß. Diese Rechtsprechung geht von folgenden Erwägungen aus:
Das Gesetz sieht die Maßregel der Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer rechtswidrigen Tat vor, wenn diese "unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers" begangen wurde oder - gleichberechtigt als weiterer Anknüpfungspunkt daneben stehend - "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges" verwirklicht wurde. Hinzu kommen muß in beiden Fällen, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist und sich dies aus der Tat ergibt ( 69 Abs. 1 StGB). Schon das systematische Nebeneinander der Anknüpfungspunkte für die Maßregel - die Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers einerseits und die Tatbegehung bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges andererseits - verdeutlicht, daß die Vorschrift nicht nur Verkehrsstraftaten erfaßt, für welche die gesetzliche Regelvermutung der fehlenden Eignung in 69 Abs. 2 StGB gilt; sie erstreckt sich auch auf Taten der sog. allgemeinen Kriminalität, die Indizwirkung für die fehlende Eignung entfalten können (vgl. Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. Rdn. 9b). Aus der Systematik der Bestimmung ist zu schließen, daß es eine Fallgruppe mangelnder Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gibt, bei der die Ungeeignetheit nicht aus der Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers folgt, sich vielmehr aus einer sonstigen rechtswidrigen Tat ergeben kann. Erforderlich ist in diesen Fällen allerdings stets ein funktionaler Bezug zwischen Tat und fehlender Eignung. Die Tat muß in ihrer konkreten Ausgestaltung so geartet sein, daß sie einen Schluß auf die Frage der Eignung ermöglicht.
Der Begriff der Eignung ist auslegungsfähig: Er umfaßt hier nicht nur die persönliche Gewähr für die regelgerechte Ausübung der Erlaubnis, das heißt die Beachtung der Vorschriften des Straßenverkehrsrechts. Wer eine Fahrerlaubnis inne hat, der muß auch die Gewähr für eine im umfassenden Sinne verstandene Zuverlässigkeit dahin bieten, daß er die Erlaubnis auch sonst nicht zur Begehung rechtswidriger Taten ausnutzen werde. Die Regelung des 69 StGB bietet nach Wortlaut, Zweck und Systematik keinen Anhalt dafür, daß auch in den Fällen der sog. Nicht-Verkehrstaten durch das Verhalten des Täters eine erhöhte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer eingetreten sein oder daß er die Tat unter Inkaufnahme der Verletzung der Regeln des Straßenverkehrs begangen haben müßte (so aber - nicht tragend - der 4. Strafsenat, Beschluß vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02; Beschluß vom 17. Dezember 2002 - 4 StR 392/02 zu einem Fall des schweren Raubes). Dagegen spricht auch ihre Stellung im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs neben anderen Maßregeln, die grundsätzlich dem Schutz der Allgemeinheit vor rechtswidrigen Taten gelten.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dementsprechend zur Entziehung der Fahrerlaubnis seit jeher anerkannt, daß die sich aus der Tat ergebende mangelnde Eignung auch in fehlender charakterlicher Zuverlässigkeit gründen kann (BGHSt 5, 179, 180 f.; 7, 165, 167; 10, 333, 334; 17, 218, alle zur früheren Regelung des 42m StGB aF; BGHR StGB 69 Abs. 1 Entziehung 3; BGH NStZ 1992, 586; 1995, 229; NStZ-RR 1997, 197; NStZ 2000, 26; vgl. auch Tröndle/Fischer aaO 69 Rdn. 9a). Wem die staatliche Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen erteilt ist, der wird auch charakterlich für hinreichend zuverlässig dahin erachtet, daß er nicht nur die Regeln des Straßenverkehrs beachtet, sondern sein Kraftfahrzeug und seine Fahrerlaubnis auch nicht gezielt zu sonst rechtswidrigen Zwecken verwendet. Auch derjenige, der seine Fahrerlaubnis und sein Kraftfahrzeug zwar zu regelgerechter Teilnahme am Verkehr, aber bewußt zur Begehung gewichtiger rechtswidriger Taten einsetzt, kann mithin zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sein. Er mißbraucht die Fahrerlaubnis, wenn er sie nutzt, um die Tat zu begehen, auch wenn er dabei spezifische Verkehrssicherheitsbelange nicht konkret beeinträchtigt (vgl. BVerwG VM 1981, 50). Gerade auch auf solche Fälle ist die Maßregel zugeschnitten (siehe schon BGHSt 5, 179, 180 f.; 10, 333, 334). Der Täter gibt damit zu erkennen, daß er seine eigenen kriminellen Ziele über die Achtung der Rechte anderer stellt. Stehen gewichtige, wenn auch zunächst "verkehrsfremde" rechtswidrige Taten in Rede, so hat deren Begehung im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges auch unter diesem Gesichtspunkt indizielle Bedeutung für das Fehlen der Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug.
Darüber hinaus hat der Eignungsmangel, der sich aus dem Mißbrauch der Fahrerlaubnis zur Begehung einer gewichtigen, wenn auch nicht verkehrsspezifischen rechtswidrigen Tat ergibt, durchaus in der Regel einen Bezug zur Verkehrssicherheit in allgemeiner Hinsicht: Nach der Erfahrung des Senats kommt es in den einschlägigen Fällen oft vor, daß durch den Mißbrauch der Fahrerlaubnis eine potentielle Gefahr für die Verkehrssicherheit erwächst. Augenfällig ist dies etwa beim Einsatz des Kraftfahrzeuges als Fluchtfahrzeug oder als Mittel zum Transport von Rauschgift in beachtlicher Menge. Hier können für den Täter unversehens Situationen eintreten, in denen er der Versuchung erliegt, sich um der Durchsetzung seines kriminellen Handelns willen spontan und nachhaltig über Verkehrssicherheitsbelange hinwegzusetzen. Er schafft also mit dem Einsatz des Kraftfahrzeuges im Zusammenhang mit der Begehung einer rechtswidrigen Tat einen regelmäßig in besonderer Weise risikoträchtigen Sachverhalt auch dann, wenn im Einzelfall eine konkrete Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit nicht festgestellt werden kann. Dabei handelt es sich gleichsam um eine eigengeartete Erhöhung der "Betriebsgefahr" (vgl. Himmelreich/Hentschel, Fahrverbot/Führerscheinentzug, 5. Aufl., Rdn. 18).
Diese Auslegung des 69 StGB steht im Einklang damit, daß es sich seiner systematischen Stellung nach um eine Maßregel der Sicherung und Besserung handelt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis erhält dadurch auf dem Felde der sog. allgemeinen Kriminalität nicht etwa den Charakter einer Nebenstrafe. Mit ihr wird dem Täter die Begehung weiterer Taten im Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen zwar nicht unmöglich gemacht, aber doch wesentlich erschwert. Wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen, verliert er rechtlich die Möglichkeit, "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges" erneut eine rechtswidrige Tat zu begehen. Tatsächlich würde sein Risiko für die Begehung einer weiteren Tat im bezeichneten Zusammenhang erheblich steigen; daraus folgt ein gewisser Präventionseffekt. Die Allgemeinheit wird so vor der Begehung weiterer Taten geschützt, und zwar nicht nur vor Taten verkehrsrechtlicher Art, sondern auch vor solchen aus dem Bereich der sog. allgemeinen Kriminalität, die "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges" begangen werden können. Schließlich wird die Verwaltungsbehörde im etwaigen Neuerteilungsverfahren so in den Stand gesetzt, die Eignungsfrage erneut individuell und umfassend zu prüfen. Auch davon geht ein - wenn auch mittelbarer - Sicherungseffekt aus, der durch den Ausspruch der Maßregel bedingt ist.
b) Dementsprechend hat der Senat früher hervorgehoben: Bei schwerwiegenden Taten, dazu kann auch die Durchführung von Betäubungsmittelgeschäften gehören, die unter Benutzung des Kraftfahrzeuges begangen werden, "muß die charakterliche Zuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen in aller Regel verneint werden; nur unter ganz besonderen Umständen kann etwas anderes gelten". Dieser Indizwirkung der Tat kommt für die gebotene Prog-nose um so größere Bedeutung zu, je gewichtiger der Tatvorwurf ist und je intensiver der Einsatz des Kraftfahrzeuges zur Durchführung der Tat war (so Senat in BGHR StGB 69 Abs. 1 Entziehung 3; Senat NStZ 1992, 586; siehe auch 2. Strafsenat NStZ 2000, 26; 3. Strafsenat in BGHR StGB 69 Abs. 1 Entziehung 10; abschwächend, aber im Grundsatz ähnlich BGH MDR bei Holtz 1981, 453; NStZ 1995, 229; NStZ-RR 1997, 197, 198; 1998, 271; NZV 1998, 418; Senat StV 1999, 18). Unbeschadet dessen ist bisher ebenso anerkannt, daß eine Indizwirkung für einen Eignungsmangel nicht in Betracht kommt, wenn die Tat nur bei Gelegenheit der Nutzung des Kraftfahrzeuges begangen ist oder nur ein äußerer - örtlicher oder zeitlicher - Zusammenhang mit dieser besteht (BGHSt 22, 328, 329).
c) Zur tatrichterlichen Begründungspflicht gilt, daß der erforderliche Würdigungsumfang von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Die Tat selbst kann, je gewichtiger sie ist, andere Umstände in den Hintergrund treten lassen. In schwerwiegenden Fällen und auch bei wiederholten Taten ist eine eingehende Begründung in der Regel nicht zwingend geboten (vgl. dazu BGHR StGB 69 Abs. 1 Entziehung 6, 10). Das wird nach Ansicht des Senats etwa für Fälle gelten, in denen des Kraftfahrzeug als Tatmittel eingesetzt wird: So beispielsweise zur Fahrt mit dem Vergewaltigungsopfer an einen entlegenen Ort, um dort die Tat zu begehen (vgl. nur Senat NStZ 1999, 130, 131 a.E.), beim Transport einer beachtlichen Menge von Betäubungsmitteln mit dem Kraftfahrzeug, um damit unerlaubt Handel zu treiben, aber auch bei der Nutzung des Kraftfahrzeuges zur Flucht mit der Beute durch den Räuber oder den räuberischen Erpresser (vgl. BGHSt 10, 333, 336).
Da für die Beurteilung der Eignung auf den Zeitpunkt der Hauptverhandlung abzustellen ist, kommt es allerdings darauf an, ob sich bis dahin weitere Umstände ergeben haben, welche das Ergebnis auch in gegenläufiger Hinsicht beeinflussen, also die Indizwirkung der Tat zu entkräften oder gar zu widerlegen vermögen. Treten bis zur Hauptverhandlung indes keine Umstände hinzu, die für eine erhaltene oder wiederhergestellte Eignung sprechen können, so wird sich der Eignungsmangel oft aus der Tat selbst heraus ohne weiteres erhellen und auf der Hand liegen, so daß es einer weitergehenden Begründung im Sinne einer eingehenden Erörterung nicht bedarf; in diesen Fällen ist die Indizwirkung der Tat von hohem und ausschlaggebendem Gewicht.
Einer solchen indiziellen Wirkung steht nicht der Einwand entgegen, sie werde auf diese Weise der gesetzlichen Regelvermutung bei Verkehrsstraftaten ( 69 Abs. 2 StGB) angenähert. Jene Regelvermutung gründet darin, daß zur Begehung der dort angeführten Verkehrsstraftaten in aller Regel ein Fahrzeug benutzt wird, jedenfalls aber ein unmittelbarer Bezug zur Verkehrsicherheit besteht. Bei Taten der sog. allgemeinen Kriminalität bestimmt der Bezug zwischen Tat und fehlender Eignung, wenn er funktional im konkreten Fall gegeben ist, durch das Gewicht der Tat und die Täterpersönlichkeit den Begründungsaufwand des Tatrichters. Dieser ist - wie auch sonst allgemein - abhängig von der Lage des Falles. Je nach den Umständen kann deshalb eine eingehende Würdigung der Täterpersönlichkeit erforderlich sein, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen ist (BGHR StGB 69 Abs. 1 Entziehung 2, 5; BGH NStZ-RR 1997, 197). So kann es sich namentlich dann verhalten, wenn etwa nur eine Tat eines Ersttäters in Rede steht und weitere Indizien für die Ungeeig-netheit fehlen oder bis zur Hauptverhandlung Umstände hinzugetreten sind, die die Erwartung begründen können, daß aus dem Belassen der Fahrerlaubnis keine weitere Gefahr für die Allgemeinheit folgt, weil ein erneuter Einsatz des Kraftfahrzeuges zur Begehung einer rechtswidrigen Tat nicht mehr zu erwarten ist. Typisch für eine solche Fallgestaltung erscheint beispielsweise glaubhafte Reue und eine sich auch daraus ergebende günstige Kriminalprognose (vgl. BGH StV 1999, 18; siehe auch BGH StV 1994, 314, 315). Liegt es so, kann die Anordnung der Maßregel ausscheiden, weil sich die Ungeeignetheit zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht feststellen läßt. Im Auge zu behalten ist stets, daß die Ungeeignetheit des Täters sich "aus der Tat" ergeben muß ( 69 Abs. 1 StGB). Die Tat ist also maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Beurteilung. Eine von ihr losgelöste Würdigung der Persönlichkeit des Täters kommt im Strafverfahren nicht in Betracht (vgl. Himmelreich/Hentschel aaO Rdn. 42).
d) Eine andere Auslegung des 69 Abs. 1 StGB ist nicht deshalb angezeigt, weil in einem Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts (vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 = NZV 2002, 422, 424) für den Fall einer verwaltungsrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis - nach Antreffen mit fünf Gramm Haschisch bei einer Personenkontrolle und Verweigerung eines sog. Drogenscreenings - ausgeführt wurde, charakterlich-sittliche Mängel, derentwegen die Fahreignung ausgeschlossen sein könne, lägen vor, wenn der Betroffene bereit sei, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen (BVerfG-Kammer aaO; darauf Bezug nehmend der 4. Strafsenat im Beschluß vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02). Diese Erwägung erweist sich ersichtlich nicht als abschließende Definition des charakterlich-sittlichen Eignungsmangels. Sie ist auf jenen Ausgangssachverhalt bezogen und kann deshalb nicht ohne weiteres auf den Regelungszusammenhang des 69 Abs. 1 StGB übertragen werden. Dieser erfordert vielmehr eine Auslegung, die den Besonderheiten und dem Zweck der strafrechtlichen Sicherungsmaßregel gerecht wird.
3. Im vorliegenden Fall ergibt der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, daß die Angeklagte die Tat nicht nur bei Gelegenheit der Nutzung ihres Kraftfahrzeuges begangen hat und daß auch nicht nur ein äußerer - örtlicher oder zeitlicher - Zusammenhang damit besteht. Vielmehr hat sie ihr Fahrzeug - nach Begehung einer einschlägigen Vortat - gezielt zur Durchführung der Straftat und damit unmittelbar tatbezogen eingesetzt (vgl. zu diesen Gesichtspunkten BGHSt 22, 328, 329). Sie ist mit dem Fahrzeug zum entlegenen Tatort gefahren und von diesem geflüchtet; sie hat es damit zugleich zur Beendigung ihrer Tat eingesetzt, indem sie nach der Ansichnahme des erpreßten Geldbetrages die Beutesicherung mittels des Davonfahrens mit dem Pkw bewirkte. Im Blick auf das Gewicht der Tat, die Bedeutung des Einsatzes des Kraftfahrzeuges bei Begehung der Tat und bei zugleich fehlenden Hinweisen auf eine dennoch zum Hauptverhandlungszeitpunkt etwa wieder hergestellte Eignung der Angeklagten war die indizielle Bedeutung der Tat hier solchermaßen ausgeprägt, daß allein darauf und ohne weitergehende Begründung die Entziehung der Fahrerlaubnis gestützt werden konnte (vgl. zum Raub unter Einsatz eines Kraftfahrzeuges auch BGHSt 10, 333, 336). Mit dem Ergebnis steht im systematischen Einklang, daß das benutzte Fahrzeug als Tatmittel grundsätzlich der Einziehung unterlegen wäre ( 74 Abs. 1 StGB; vgl. Tröndle/Fischer aaO 74 Rdn. 8). Darüber hinaus belegen auch die weiteren Feststellungen ohne weiteres den noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bestehenden Eignungsmangel; auf deren Grundlage hat die Strafkammer wegen der schweren Medikamentenabhängigkeit der Angeklagten ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
4. Der Senat ist durch jüngere Entscheidungen des 4. Strafsenats zur Auslegung des 69 StGB (vgl. 4. Strafsenat, Beschlüsse vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02 - und vom 17. Dezember 2002 - 4 StR 392/02) nicht gehindert, wie geschehen Recht zu sprechen. Der 4. Strafsenat hat in diesen Beschlüssen angedeutet, daß er eine engere, den Anwendungsbereich beschneidende Interpretation der Vorschrift möglicherweise für vorzugswürdig halten könnte, die stets einen (wohl konkreten) verkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang verlangt. Die dort angestellten Erwägungen waren in jenen Verfahren jedoch nicht tragend. Dies wird dadurch bestätigt, daß der 4. Strafsenat seinerseits keinen Grund gesehen hat, in das Anfrageverfahren einzutreten (vgl. 132 Abs. 2, 3 GVG; siehe auch Winkler, NStZ 2003, 247, 251). Zwar lag der Sachverhalt im Verfahren 4 StR 392/02 (Beschluß des 4. Strafsenats vom 17. Dezember 2002) ähnlich wie der im vorliegenden Fall. Dort hatte der Angeklagte sein Fahrzeug dazu benutzt, um mit seinem Mittäter zur Begehung eines schweren Raubes in die Nähe des Tatortes zu fahren und diesen anschließend mit der Beute wieder zu verlassen. Gestützt hat der 4. Strafsenat die Aufhebung des Maßregelausspruchs dort aber tragend allein auf die einzelfallbezogene Erwägung, daß die charakterliche Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen näherer Begründung bedurft hätte.
Urteil 6
Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund altersbedingten Ausfallentscheidungen ist rechtmäßig.
VERWALTUNGSGERICHT STADE
Az.: 1 B 143/04
Beschluss vom 09.02.2004
In der Verwaltungsrechtssache wegen Entziehung der Fahrerlaubnis hier: Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht Stade -1. Kammer - am 9. Februar 2004 beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.000,00 € festgesetzt.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
Der nach 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung vom 13. Januar 2004 in formell ordnungsgemäßer Weise angeordnet ( 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) und in ausreichender Weise schriftlich begründet, warum er das besondere Interesse an dem Sofortvollzug als gegeben erachtet ( 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
Es besteht auch in der Sache keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid erhobenen Rechtsbehelfs wiederherzustellen. Nach 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, sofern nicht die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde besonders angeordnet wird. Eine derartige Vollziehungsanordnung setzt zu ihrer Rechtswirksamkeit voraus, dass ohne sie das öffentliche Interesse in schwerwiegender Weise beeinträchtigt würde, so dass demgegenüber die privaten Interessen des von der Vollziehungsanordnung Betroffenen zurücktreten.
Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Verfügung, mit der die Fahrerlaubnis nach 3 Abs. 1 StVG entzogen worden ist, liegt regelmäßig vor, wenn sich die an der Fahreignung des Betroffenen bestehenden Zweifel soweit verdichtet haben, dass die ernste Besorgnis gerechtfertigt erscheint, er werde andere Verkehrsteilnehmer in ihrer körperlichen Unversehrtheit oder in ihrem Vermögen während des Zeitraums bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung durch seine weitere Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr ernstlich gefährden (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage, Rdnr. 1273 m.w.N.). Eine solche Gefahr für die Allgemeinheit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn gegenwärtig besondere Umstände eine Gefährlichkeit begründen, die im Wege der Abwägung zu Lasten der Allgemeinheit und damit im öffentlichen Interesse nicht hingenommen werden kann. Nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage und im gegenwärtigen Erkenntnisstand hat der Rechtsbehelf des Antragstellers keine Aussicht auf Erfolg. Es überwiegen außerdem die Gesichtspunkte, die dafür sprechen, den Antragsteller mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen.
Rechtsgrundlage der Fahrerlaubnisentziehung ist 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG -, wonach, wenn sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen hat. Ungeeignetheit in diesem Sinne besteht insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV -vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder der Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden gemäß 46 Abs. 3 FeV die 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Unter diesen Voraussetzungen kann die Behörde zur Vorbereitung ihrer Entscheidung insbesondere die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Fahrerlaubnisinhaber anordnen ( 11 Abs. 2 FeV). Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen ( 11 Abs. 8 S. 1 FeV).
Die Anordnung des Antragsgegners vom 5. November 2003, der Antragsteller habe ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen, war nach derzeitiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage geboten. Sind Zweifel an der Kraftfahrereignung durch vorliegende Tatsachen begründet, hat die Fahrerlaubnisbehörde nach dem Wortlaut des 11 Abs. 2 FeV Ermessen auszuüben, ob von der Anordnung Gebrauch gemacht wird, die Beibringung eines Gutachtens zu fordern. Fehler bei der Handhabung dieses Ermessens sind dem Antragsgegner nicht unterlaufen. Zwar können die Zweifel nicht allein auf das Alter des 77-jährigen Antragstellers und das häufig damit verbundene Absinken der Leistungsfähigkeit allein zurückgeführt werden, das Verlangen einer Begutachtung kann aber gerechtfertigt sein, wenn sich zu dem Alter Umstände gesellen, die das Vorliegen greifbarer Ausfallerscheinungen von Gewicht möglich erscheinen lassen (Jagusch / Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 34. Aufl. 15b StVZO RDnr.8; Himmelreich / Hentschel, Fahrverbot/Führerscheinentzug, 5.Aufl. Rdnr. 436; VGH Bad.Würt. NJW 1991, 315). So liegt es hier. Schon aus dem zur Akte gelangten Polizeibericht vom 14. Mai 2003 geht deutlich hervor, dass Zweifel daran bestehen, ob der Antragsteller dem Verkehrsgeschehen noch folgen kann. In seiner ersten Erklärung gegenüber dem Polizeibeamten hatte der Antragsteller geäußert, er habe die Ampel zwar rot gesehen, die Fußgänger seien jedoch noch nicht gegangen, so dass er nicht einsehen könne, dass er hätte anhalten sollen. Der Polizist äußerte bereits in diesem ersten Bericht, dass er den Eindruck hätte, der Antragsteller könne dem Verkehrsgeschehen nicht mehr vollständig folgen. Diese Zweifel haben sich durch die von dem Antragsgegner veranlasste amtsärztliche Untersuchung nicht entkräften lassen. Die Amtsärztin des Antragsgegners hat vielmehr unter Berücksichtigung der augenärztlichen Untersuchung und unter dem Eindruck eines ausführlichen Gespräches, das nach einer während des Laufes dieses Verfahrens am 24. September 2003 erfolgten Augenoperation am 3. November stattgefunden hat, eine Untersuchung des Antragstellers durch ein Verkehrspsychologisches Institut empfohlen. Die Amtsärztin hatte den Eindruck, dass der Antragsteller dem heutigen Verkehrsgeschehen nicht mehr gewachsen sei. Der Antragsteller hat einer Untersuchung durch eine Begutachtungsstelle nicht zugestimmt.
Zu Recht zieht der Antragsgegner aus dieser Weigerung den nahe liegenden Schluss, dass die Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers im Wesentlichen weiter bestehen. Da das Verhalten des Antragstellers keinen Rückschluss auf einen ganz bestimmten geistigen oder körperlichen Mangel gestattet, der sich einem bestimmten Fachgebiet zuordnen lässt, und nachdem sich die Amtsärztin zu einer abschließenden Bewertung nicht in der Lage sah, war es sachgerecht, den Antragsteller aufzufordern, ein Gutachten eines verkehrspsychologischen Dienstes einzuholen.
Da der Antragsteller sich weigert, dieses Eignungsgutachten erstellen zu lassen, war der Antragsgegner berechtigt, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das Widerspruchsverfahren und eine anschließende Anfechtungsklage werden nach gegenwärtiger Einschätzung zu einer Bestätigung dieser Maßnahme führen.
In dieser Lage ist es gerechtfertigt, dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsmittel gegen die Entziehungsverfügung ein geringeres Gewicht als den Belangen der Allgemeinheit, ungeeignete Kraftfahrer vom Straßenverkehr fernzuhalten, beizumessen. Eine Ausnahme für den Gebrauch von Personenkraftwagen kommt nicht in Betracht, da weder das Krankheitsbild noch dessen Auswirkungen auf das Fahrverhalten des Antragstellers bekannt sind und nur durch ein Eignungsgutachten geklärt werden könnten.
Aus den gleichen Gründen war auch die beantragte Prozesskostenhilfe abzulehnen, weil es dem Rechtsschutzbegehren an der erforderlichen Erfolgsaussicht mangelt ( 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich nach den 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG und entspricht dem halben Wert der Hauptsache.
Urteil 7
Ein Früherscheinentzug nur aufgrund des hohen Alters darf nicht angeordnet werden, es müssen alterbedingte Ausfallerscheinungen erkennbar sein.
VERWALTUNGSGERICHT DES SAARLANDES
Az.: 3 F 82/98
Beschluß vom 13.01.1999
BESCHLUSS
In dem Verfahren
w e g e n Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Entziehung einer Fahrerlaubnis
hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts des Saarlandes in Saarlouis am 13. Januar 1999 b e s c h l o s s e n:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 14.12.1998 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27.11.1998 wird wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Streitwert wird auf 4.000,-- DM festgesetzt.
G r ü n d e
Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Verfügung des Antragsgegners vom 27.11.1998, durch welche ihm die Fahrerlaubnis entzogen und er zugleich unter Androhung der zwangsweisen Einziehung des Führerscheins aufgefordert wurde, seinen Führerschein binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides beim Antragsgegner abzuliefern, ist gemäß 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwG0 sowie 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. 20 Satz 1 SAGVwG0 statthaft und auch im übrigen zulässig.
Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
Die vom Gericht zu treffende Entscheidung nach 80 Abs. 5 VwG0 richtet sich danach, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung schriftlich hinreichend begründet wurde ( 80 Abs. 3 VwG0) und ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung gegenüber dem Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs schwerer wiegt ( 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwG0). Im Rahmen der vom Gericht zu treffenden Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf nach derzeitigem Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Vgl. Kopp, VwGO, 10. Auflage, 80 Rdnr. 82
Im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Rechtslage sowie nach Maßgabe der derzeit vorliegenden Erkenntnisse begegnet die angegriffene Verfügung durchgreifenden Zweifeln hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit, so daß der Widerspruch des Antragstellers aller Voraussicht nach Erfolg haben wird.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung ist 4 Abs. 1 StVG i.V.m. 15 b Abs. 1 StVZO. Danach ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Diese Voraussetzungen sind nach derzeitigem Erkenntnisstand vorliegend jedoch nicht erfüllt.
Zwar kann sich die Ungeeignetheit eines Kraftfahrers zum Führen eines Kraftfahrzeuges daraus ergeben, daß er der Anordnung der Straßenverkehrsbehörde auf Beibringung eines der in 15 b Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 - 3 StVZO genannten Gutachten ohne ausreichenden Grund nicht nachkommt. Dieser Schluß hat seine Grundlage in der Verletzung der dem Verkehrsteilnehmer nach 15 b Abs. 2 StVZO obliegenden Mitwirkungspflicht; dieser hat zur Klärung der Zweifel beizutragen, die an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestehen. Daher darf die Verwaltungsbehörde grundsätzlich aus der Nichtvorlage eines wegen berechtigter Zweifel an der Kraftfahreignung angeforderten Eignungsgutachtens auf die fehlende Kraftfahreignung schließen. Vgl. BVerwG, Urteile vom 12.03.1985 -7C 26.83-, NJW 1985, 2490, sowie vom 13.11.1997 -3 C 1.97-, zfs 1998, 236.
Dies setzt allerdings voraus, daß die Anordnung der Untersuchung nach 15 b Abs. 2 StVZO rechtmäßig erfolgt ist. Dies ist insbesondere jedoch nur dann der Fall, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung des betroffenen Kraftfahrers bestehen und die angeordnete Überprüfung ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um die konkret entstandenen Eignungszweifel aufzuklären. Vgl. BVerwG, Beschluß vom 23.08.1996 -11B 48.96-, NJW 1997, 269
An solchen konkreten Tatsachen, die Eignungszweifel hinsichtlich der Fahreignung des Antragstellers begründen und die angeordnete amtsärztliche Untersuchung zu deren Aufklärung rechtfertigen könnten, fehlt es indes vorliegend.
Zunächst ergeben sich -entgegen der Auffassung des Antragsgegners- allein aus dem hohen Alter des Antragstellers keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte, begründete Zweifel an seiner uneingeschränkten Kraftfahreignung zu hegen.
Vgl. OVG Saarlouis, Beschluß vom 08.06.1994 -3 W 15/94-, zfs 1994, 350 sowie VGH Mannheim, Beschluß vom 27.07.1990 -10 S 1428/90-, NJW 1991, 315
Soweit der Antragsgegner diese grundsätzliche Einschätzung im angefochtenen Bescheid mit der Behauptung zu relativieren sucht, es stelle innerhalb der Gruppe der älteren Kraftfahrer jedoch einen erheblichen Unterschied dar, ob der Fahrerlaubnisinhaber 70 oder -wie vorliegend der Antragsteller- bereits 90 Jahre alt sei, da nach seinen Erfahrungen zumindest bei 80jährigen Kraftfahrern eine generelle Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr unterstellt werden könne, vielmehr diesen die Fahrerlaubnis allenfalls unter Auflagen zu belassen sei, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Sowohl die vom Antragsgegner vorgenommene Differenzierung innerhalb der Gruppe der älteren Kraftfahrer wie auch die von ihm gezogene Altersgrenze von 80 Jahren, ab der er eine generelle Fahreignung verneinen zu müssen meint, entbehren nämlich -jedenfalls nach derzeitigem Recht- jeglicher gesetzlicher Grundlage. Zudem hat der Antragsgegner auch nicht dargetan, auf welche tatsächlichen Feststellungen und/oder wissenschaftliche Untersuchungen er seine Einschätzung stützt, so daß insbesondere die von ihm gezogene Altersgrenze sich angesichts ihrer Verallgemeinerung als geradezu willkürlich erweist.
Vielmehr bedarf es auch bei älteren Verkehrsteilnehmern als Voraussetzung für eine Anordnung nach 15 b Abs. 2 StVZO stets eines durch Tatsachen begründeten Verdachts mangelnder Kraftfahreignung. vgl. VGH Mannheim, Beschluß vom27.07.1990, a.a.O.
Solche tatsächlichen Feststellungen liegen indes ebenfalls bislang nicht vor. Bei der im Bericht der Polizeiinspektion vom 08.08.1998 festgehaltenen telefonischen Mitteilung eines Nachbarn des Antragstellers über dessen Fahrweise und die hieraus von diesem Nachbarn gezogenen Schlußfolgerungen handelt es sich nicht um eine tatsächliche Feststellung, sondern um eine bloße, mit einer Wertung versehene Behauptung einer Privatperson, die vom Antragsgegner und/oder der zuständigen Polizeibehörde nicht einmal in Ansätzen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft worden ist. Hierzu bestand aber um so mehr Anlaß, als die insoweit beschriebene verkehrsgefährdende Fahrweise des Antragstellers von diesem von Anfang an als unrichtig zurückgewiesen worden ist.
Zwar ist dem Antragsgegner zuzugeben, daß er im Rahmen der Gefahrenabwehr berechtigt und sogar verpflichtet ist, Hinweisen auf eine mögliche Nichteignung von Kraftfahrzeugführern sofort nachzugehen, und sich nicht auf ein Zuwarten bis zu einer möglichen Verletzung vier Rechtsgüter Dritter durch den betroffenen Kraftfahrer verweisen lassen muß. Dies entbindet den Antragsgegner jedoch nicht von der Verpflichtung, sich vor Anordnung einer Untersuchung nach 15 b Abs. 2 StVZO durch eigene, im vorliegenden Verfahren gebotene und auch ohne weiteres zumutbare Ermittlungen zunächst einmal eine auch unter Berücksichtigung der in Rede stehenden Schutzgüter hinreichende tatsächliche Grundlage hinsichtlich des im Raum stehenden Gefahrenverdachts zu verschaffen.
Diese sind indes hier unterblieben. Weder der Antragsgegner noch die zuständige Polizeiinspektion ins haben erkennbare Anstrengungen unternommen, die bislang behördlicherseits nicht festgestellten, sondern allein auf den Angaben eines Dritten beruhenden angeblichen Fahrauffälligkeiten des Antragstellers, die bei ihrem Vorliegen tatsächlich Zweifel an seiner Kraftfahreignung begründen könnten, zu verifizieren. Wie unkritisch der Antragsgegner die Schilderungen des Fahrverhaltens des Antragstellers durch einen Nachbarn übernommen hat, zeigen seine Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid, wonach die Beobachtungen benachbarter Anwohner den eindeutigen (!?) Schluß zuließen, daß die Fahrweise des Antragstellers die Sicherheitsinteressen anderer Verkehrsteilnehmer und auch der Fußgänger beeinträchtige. In diesem Zusammenhang hat der Antragsgegner offensichtlich nicht zu differenzieren vermocht, daß vorliegend gerade nicht mehrere Nachbarn des Antragstellers in der Sache gleichlautende Beobachtungen über dessen Fahrweise den zuständigen Behörden zur Kenntnis gebracht haben, sondern nur ein Nachbar, der lediglich für sich in Anspruch genommen hat, im Namen anderer Anwohner zu sprechen, eine entsprechende Mitteilung gemacht hat.
Die weitere Einlassung des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren, für ihn habe keine Veranlassung bestanden, davon auszugehen, daß die gegenüber der Polizeiinspektion gemachte Mitteilung auf einer Nachbarschaftsauseinandersetzung beruhen könnte, da in diesem Fall der Bericht der Polizeiinspektion nicht an ihn weitergeleitet oder mit einem entsprechenden Vermerk versehen worden sei, belegt in diesem Zusammenhang ebenfalls exemplarisch, auf welch ungesicherter und damit unzureichender Tatsachengrundlage die Entscheidung über die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung betreffend den Antragsteller getroffen worden ist.
Bestanden und bestehen somit auch nach der derzeitigen Erkenntnislage keine hinreichend konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte, die berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung des Antragstellers zu begründen vermochten, lagen die Voraussetzungen für die Anforderung einer amtsärztlichen Untersuchung nach 15 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVZO nicht vor. Es verbietet sich daher gegenwärtig, die Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens im Rahmen der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis nach 4 Abs. 1 StVG zum Nachteil des Antragstellers zu werten und hieraus den Schluß auf seine fehlende Kraftfahreignung zu ziehen.
Überwiegt nach alledem das Aussetzungsinteresse des Antragstellers deutlich das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen rechtswidrigen Verfügung, ist die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller hiergegen eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf 25 Abs. 2 Satz 1, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. den Teilziffern I Nr. 7 und II Nr. 45.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Januar 1996. Vgl. DVB1. 1996, 606, 610
Daß dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen 3, 4 und 5 entzogen worden ist, führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwertes. Bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis für mehrere Fahrerlaubnisklassen kommt eine Addierung der Streitwerte dann nicht in Betracht, wenn sich die Fahrerlaubnisklassen einschließen. vgl. OVG Saarlouis, Beschluß vom 08.04.1998 -9 Y 2/98-.
Gemäß 5 Abs. 2 Nr. 5 StVZO berechtigt die Fahrerlaubnis der Klasse 3 zum Führen von Fahrzeugen der Klassen 4 und 5, so daß lediglich der insoweit angesetzte -vorliegend halbierte Auffangstreitwert in Höhe von 4.000,-- DM festzusetzen ist.
Urteil 8
Für die Frage, ob der Kläger seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Führung eines Kraftfahrzeuges und zur Ausübung seiner Tätigkeit im Außendienst nachkommen kann, macht es keinen Unterschied, ob ihm die Fahrerlaubnis während einer beruflich bedingten Fahrt oder einer Privatfahrt entzogen wird. Die mit dem arbeitsvertragswidrigen Verhalten verbundenen strafrechtlichen Folgen sind bei der Beurteilung der besonderen Härte nicht berücksichtigungsfähig, weil strafbewährtes Verhalten arbeitsförderungsrechtlich nicht privilegiert werden darf.
LANDESSOZIALGERICHT RHEINLAND-PFALZ
Az.: L 1 AL 134/01
Verkündet am: 25.07.2002
- nicht rechtskräftig -
Vorinstanz: SG Trier Az.: S 5 AL 52/01
Leitsätze:
1. Für die Frage, ob der Kläger seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Führung eines Kraftfahrzeuges und zur Ausübung seiner Tätigkeit im Außendienst nachkommen kann, macht es keinen Unterschied, ob ihm die Fahrerlaubnis während einer beruflich bedingten Fahrt oder einer Privatfahrt entzogen wird.
2. Die mit dem arbeitsvertragswidrigen Verhalten verbundenen strafrechtlichen Folgen sind bei der Beurteilung der besonderen Härte nicht berücksichtigungsfähig, weil strafbewährtes Verhalten arbeitsförderungsrechtlich nicht privilegiert werden darf.
In dem Rechtsstreit hat der 1. Senat des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz in Mainz aufgrund der mündlichen Verhandlung am 25.07.2002 für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 11.07.2001 - S 5 AL 52/01 - wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld vom 23.12.2000 bis zum 16.03.2001, insbesondere die Rechtmäßigkeit einer 12-wöchigen Sperrzeit.
Der 1957 geborene Kläger war vom 01.11.1982 bis 22.12.2000 bei der Firma beschäftigt; seit dem 01.08.1993 arbeitete er dort als Frischdienstreisender im Außendienst und war im Rahmen dieser Tätigkeit auf den Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis angewiesen. Nach Ziff. 11 des Änderungsvertrages vom 27.08.1993 galten außer den "nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen gegebenen Anlässen" auch der "Führerscheinentzug wegen Alkoholgenuss und andere vorsätzliche Verkehrsvergehen bzw. Straftaten" als Gründe für eine außerordentliche Vertragslösung.
Am 27.11.2000 verursachte der Kläger im alkoholbedingt absolut fahruntüchtigen Zustand mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,49 o/oo einen Verkehrsunfall, bei dem seine beifahrende Ehefrau durch den unfallbedingten Aufprall des Pkws gegen einen massiven Betonsockel einer Überlandstromleitung schwer verletzt wurde. Durch Urteil des Amtsgerichts Trier vom 07.05.2001 wurde der Kläger daher wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs infolge Trunkenheit sowie fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30,00 DM verurteilt; außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen und sein Führerschein eingezogen. Die Verwaltungsbehörde durfte dem Kläger vor Ablauf weiterer 5 Monate keine neue Fahrerlaubnis erteilen. Nach dem Unfall stellte ihn sein Arbeitgeber ab dem 29.11.2000 von der Arbeit frei, weil dem Kläger eine andere Tätigkeit in dem Betrieb nicht angeboten werden konnte und kündigte das Arbeitsverhältnis am 15.12.2000 zum 22.12.2000. Im Rahmen der Strafzumessung hatte das Amtsgericht berücksichtigt, dass der Kläger nicht vorbestraft war, seine Ehefrau durch den Unfall verletzt wurde und er seine "gut dotierte Arbeitsstelle" verloren hatte.
Nach seiner Arbeitslosmeldung bei der Arbeitsamtsdienststelle S am 19.12.2000 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 02.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2001 eine Sperrzeit vom 23.12.2000 bis 16.03.2001 und das Ruhen des Leistungsanspruchs während dieser Zeit fest, weil der Kläger seine Beschäftigung bei der Firma GmbH infolge eines Verstoßes gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verloren habe. Er habe nämlich wegen Alkoholgenusses seine Fahrerlaubnis verloren, deswegen sei sein ehemaliger Arbeitgeber berechtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
Am 13.03.2001 hat der Kläger dagegen Klage vor dem Sozialgericht Trier (SG) erhoben.
Mit Urteil vom 11.07.2001 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen das ihm am 17.07.2001- zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.07.2001 vor dem SG Berufung eingelegt.
Er trägt vor: Die angefochtene Entscheidung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen für den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit lägen nicht vor. Insoweit müsse zwingend berücksichtigt werden, dass die Trunkenheitsfahrt mit seinem Privatfahrzeug während seines Urlaubs passiert und bei ihm lediglich eine geringe BAK von nur 1,49 o/oo festgestellt worden sei. Die fristlose Arbeitgeberkündigung sei nicht gerechtfertigt gewesen, weil die Trunkenheitsfahrt nicht während seiner beruflichen Tätigkeit erfolgt sei. Deswegen stelle auch der Verlust seiner Fahrerlaubnis kein arbeitsvertragswidriges Verhalten dar. Die Kündigung seines Arbeitgebers sei daher aus personenbedingten Gründen erfolgt, die keinesfalls zu einer Sperrzeit führen dürfe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus seinem Arbeitsvertrag. Dort sei lediglich geregelt, dass1 ein Grund für eine fristlose Kündigung auch der Führerscheinentzug wegen Alkoholgenuss und anderer vorsätzlicher Verkehrsvergehen bzw. Straftaten sein könne. Dies sei nur dahingehend zu verstehen, dass lediglich bei Vorsatztaten eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein soll. Er habe indes lediglich fahrlässig gehandelt. Schließlich sei er seit dem 01.01.2002 bei seinem alten Arbeitgeber wieder zu unveränderten Bedingungen beschäftigt. Es sei von vornherein klar gewesen, dass er seine Tätigkeit nach Erhalt seiner Fahrerlaubnis dort wieder aufnehmen könne. Voraussetzung hierfür sei allerdings gewesen, dass er sich arbeitsrechtlich nicht gegen die fristlose Kündigung wende. Zumindest sei eine Sperrzeit wegen einer besonderen Härte auf 6 Wochen zu reduzieren.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 11.07.2001 - S 5 AL 52/01 - und den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 23.12.2000 bis 16.03.2001 Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie trägt vor: Die angefochtene Entscheidung sei nicht zu beanstanden. Zu Recht habe sie eine 12-wöchige Sperrzeit festgestellt. Unbeachtlich sei es insbesondere, dass der durch Trunkenheit verursachte Verkehrsunfall anlässlich einer Privatfahrt passiert und der Kläger lediglich wegen einer fahrlässige Tat verurteilt worden sei. Entscheidungserheblich sei insoweit nur, dass die Trunkenheitsfahrt an sich ein arbeitsvertragswidriges Verhalten darstelle, die der Arbeitgeberin schon nach allgemeinem Arbeitsrecht unabhängig von der zusätzlichen Klausel im Anstellungsvertrag des Klägers das Recht zur fristlosen Kündigung gegeben habe. Dem Kläger habe sich geradezu aufdrängen müssen, dass er durch eine strafbare Alkoholfahrt nicht nur den Entzug seiner Fahrerlaubnis, sondern auch den Verlust seines Arbeitsplatzes riskiere. Gründe, die zu einer Minderung der Sperrzeit wegen besonderer Härte auf 6 Wochen führen würden, lägen ebenfalls nicht vor. Mit der Funktion der Sperrzeitregelung sei es unvereinbar, ein strafbewährtes Fehlverhalten im Straßenverkehr arbeitsförderungsrechtlich zu privilegieren, zumal der Eintritt einer Sperrzeit offensichtlich bereits bei der Strafzumessung berücksichtigt worden sei.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten (Kd-Nr. 563A077564) und der beigezogenen Akte der Staatsanwaltschaft Trier (Az. 8011 Js 2647/00) Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 02.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2001 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg für die Zeit vom 23.12.2000 bis 16.03.2001. Die festgestellte Sperrzeit von 12 Wochen ist nicht zu beanstanden.
Nach 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder .durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und er dadurch seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind entgegen der Auffassung des Klägers erfüllt. Der Kläger hat durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch die Kündigung vom 15.12.2000 zum 22.12.2000 gegeben. Anlass für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses war der Entzug der Fahrerlaubnis des Klägers. Sein Arbeitgeber hatte keine Möglichkeit, den als Frischdienstreisenden im Außendienst tätigen Kläger während des Zeitraumes, in dem er ohne Besitz einer Fahrerlaubnis war, in seinem Betrieb weiter zu beschäftigen.
Der Einwand des Klägers, er habe sich nicht arbeitsvertragswidrig verhalten, weil die Trunkenheitsfahrt während seines Urlaubs und nicht im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit erfolgt sei, vermag eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1997, 332) und des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25.08.1981 - 7 RAr 44/80 -) ist auch der Senat der Auffassung, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis die Kündigung eines als Kraftfahrer oder in vergleichbarer Position beschäftigten Arbeitnehmers rechtfertigt, wenn - wie hier - dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu geänderten Bedingungen nicht möglich ist, weil ein geeigneter freier Arbeitsplatz in dem Unternehmen nicht vorhanden ist. Der Entzug der Fahrerlaubnis beruht entgegen der Ansicht des Klägers auch auf einem arbeitsvertragswidrigen Verhalten. Der Kläger war entsprechend dem geänderten Arbeitsvertrag vom 27.08.1993 ausdrücklich als Tourenleiter beschäftigt; im Rahmen seiner Tätigkeit war er auf den Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zwingend angewiesen. Die besondere Bedeutung, die eine gültige Fahrerlaubnis für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hatte, wird auch in Ziff 11 des Vertrages vom 27.08.1993 dokumentiert: Dort war ausdrücklich geregelt, dass der Führerscheinentzug wegen Alkoholgenuss eine außerordentliche Vertragsbeendigung rechtfertigt. Der Kläger hatte deshalb aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung dafür Sorge zu tragen, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr berechtigt bleibt und ihm seine Fahrerlaubnis nicht entzogen wird. Dementsprechend traf ihn gegenüber seinem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, jedenfalls solche Verkehrsverstöße zu unterlassen, die zur , Entziehung seiner Fahrerlaubnis führen könnten. Dies gilt nach Ansicht des Senats auch für Privatfahrten, denn es macht für die Frage, ob der Kläger seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Führung eines Kraftfahrzeuges und zur Ausübung seiner Tätigkeit im Außendienst nachkommen kann, keinen Unterschied, ob ihm die Fahrerlaubnis während einer beruflich bedingten Fahrt oder einer Privatfahrt entzogen wird. Der gegenteiligen Auffassung des LSG Sachsen - Anhalt vom 23.11.2000 - L 2 AL 22/99 - und Winkler (in Gagel, SGB III, 144 Rz 74), wonach der Verlust der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit während einer Privatfahrt keinen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstelle und nicht zu einer Sperrzeit führen dürfe, folgt der Senat nicht.
Gegen diese Nebenpflicht hat der Kläger durch seine Trunkenheitsfahrt, die zu einem Verkehrsunfall mit entsprechenden Folgen führte, zumindest grob fahrlässig verstoßen. Ihm musste bewusst sein, dass nach dem Genuss alkoholischer Getränke im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit im Straßenverkehr kein Kraftfahrzeug geführt werden darf und dass ein Verstoß gegen dieses Verbot den Verlust der Fahrerlaubnis zur Folge haben kann. Nicht entscheidungserheblich ist zudem der weitere Einwand des Klägers, bei ihm sei lediglich eine geringe BAK von nur 1,49 o/oo festgestellt worden. Der Kläger hat sich mit dieser BAK im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit, die letztlich den Verkehrsunfall verursacht hat, befunden.
Das vertragswidrige Verhalten des Klägers hat zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch seinen Arbeitgeber geführt. Daran ändert auch nichts, dass der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt von der Firma unveränderten Vertragsbedingungen wieder eingestellt worden ist. Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zum 22.12.2000 erfolgte ausschließlich wegen des arbeitsvertragswidrigen Verhaltens des Klägers am 27.11.2000.
Der Kläger hat seine Arbeitslosigkeit auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Er musste damit rechnen, dass nach dem Entzug seiner Fahrerlaubnis
infolge eines derartigen Verkehrsverstoßes sein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit ihm bei Fehlen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit kündigen werde. Aufgrund seiner bis zu diesem Zeitpunkt 7 Jahre ausgeführten Tätigkeit als Frischdienstreisender im Außendienst durfte er nicht darauf vertrauen, nach dem Verlust der Fahrerlaubnis von seinem Arbeitgeber anderweitig beschäftigt zu werden.
Es liegen auch keine Gründe dafür vor, dass die Dauer der Sperrzeit nur die Hälfte der Regeldauer beträgt. Nach 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III umfasst die Sperrzeit lediglich 6 Wochen, wenn eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Dies ist anzunehmen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls eine Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für den Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist. Derartige Umstände lassen sich hier indes nicht feststellen.
Zwar hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 26.10.1998 (L 1 Ar 3/98) die Auffassung vertreten, im dortigen Fall sei eine besondere Härte gerechtfertigt, weil der vom Kläger verursachte Verkehrsunfall und der damit verbundene Führerscheinentzug zur Arbeitslosigkeit und deshalb zum Eintritt einer Sperrzeit, gleichzeitig aber auch mit Urteil des Amtsgerichts Pirmasens zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen geführt habe, aber dies führt zu keiner für den Kläger günstigeren Entscheidung. Unabhängig von der Frage, ob der der dortigen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden zu vergleichen ist,, vertritt der Senat nun die Auffassung, dass die mit dem arbeitsvertragswidrigen Verhalten verbundenen strafrechtlichen Folgen bei der Beurteilung der besonderen Härte nicht berücksichtigungsfähig sind, weil strafbewährtes Verhalten arbeitsförderungsrechtlich nicht privilegiert werden darf. Hier kommt entscheidend hinzu, dass die Unfallfolgen und der Verlust des Arbeitsplatzes des Klägers bereits bei der Strafzumessung berücksichtigt wurden und diese Gesichtspunkte daher jedenfalls nicht erneut bei der Sperrzeit als besonderer Härtegesichtspunkt gewertet werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Revisionszulassungsgründe nach 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Urteil 9
Vom Regelfahrverbot kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
Az.: 1 Ss 55/02
Beschluss vom 05.08.2002
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts W. vom 30. Januar 2002 im Rechtsfolgenausspruch mit den insoweit getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht W. zurückverwiesen.
Gründe:
Wegen vorsätzlichen Überschreitens der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 40 km/h wurde gegen die Betroffene mit Urteil vom 30.01.2002 eine Geldbuße von 200 € festgesetzt. Von der Verhängung eines Fahrverbots hat das Amtsgericht aufgrund näher dargelegter Umstände unter angemessener Erhöhung der Geldbuße abgesehen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die mit der Sachrüge beanstandet, dass kein (Regel -) Fahrverbot verhängt wurde.
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat - zumindest vorläufigen - Erfolg, weil die Entscheidung des Amtsgerichts, kein Fahrverbot anzuordnen, sachlich-rechtlicher Prüfung nicht standhält.
Nach 25 Abs. 1 Satz 1 StVG kann einem Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach 24 StVG, die er unter grober Verletzung seiner Pflichten als Kraftfahrzeugführer begangen hat und wegen der eine Geldbuße festgesetzt worden ist, für die Dauer von einem bis zu drei Monaten verboten werden, Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art im Straßenverkehr zu führen. Eine grobe Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers gem. 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BKatV liegt in der Regel vor, wenn der Tatbestand der Nr. 11.3 des Bußgeldkatalogs i.V. mit der Tabelle 1c des Anhangs zum Bußgeldkatalog verwirklicht wird. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 40 km/h ist ein von Nr. 11.3.6 des Bußgeldkatalogs i. V. mit der Tabelle 1 c des Anhangs erfasster Tatbestand, der bei Begehung der Tat innerhalb geschlossener Ortschaften - wie im vorliegenden Fall - ein Fahrverbot von einem Monat vorsieht. Die Erfüllung dieses Tatbestandes weist auf das Vorliegen eines groben Verstoßes i.S.v. 25 Abs. 1 Satz 1 StVG hin, der zugleich ein derart hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, dass es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf. Ausnahmsweise kann von der Anordnung abgesehen werden, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Tat von den genannten Regelfällen zugunsten des Betroffenen unterscheidet und hierdurch die tatbestandsbezogene oder die rechtsfolgenbezogene Vermutung entkräftet wird (vgl. Senatsb. v. 15. Februar 2000 = VRS 98, 385 m.w.N.). Hierfür hat der Tatrichter eine auf Tatsachen gestützte, besonders eingehende Begründung zu geben, in der im einzelnen darzulegen ist, welche (besonderen) Umstände es gerechtfertigt erscheinen lassen, von dem Regelfahrverbot abzusehen.
Diesen Maßstäben genügt die Begründung im angefochtenen Urteil nicht, weil die vom Amtsgericht angeführten Umstände weder für sich allein noch zusammen Gründe darstellen, die dazu führen, dass das gesamte Tatbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in der Weise abweicht, dass ein Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots angemessen wäre. Hinzu kommt, dass die Betroffene nach den Feststellungen (bedingt) vorsätzlich handelte. Da die im Bußgeldkatalog bestimmten Sanktionen von fahrlässiger Tatbegehung und gewöhnlichen, typischen Tatumständen ausgehen ( 1 Abs. 2 BKatV), liegt ein besonders gewichtiger Umstand vor, der umso weniger eine Ausnahme begründbar erscheinen lässt (OLG Karlsruhe VRS 88, 476, 480). Die Tatsache, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung "lediglich 187 m hinter dem Ortseingangsschild" festgestellt wurde, stellt keinen besonderen Umstand dar zumal ein Verstoß gegen den Verkehrsüberwachungserlass vom 19.05.1980 (GABI. S.429; neu in Kraft gesetzt ab 01.01.1991, GABI. 1990 S. 1024) nicht vorliegt, weil nach dieser Vorschrift der Abstand zwischen dem geschwindigkeitsregelndem Verkehrszeichen und der Messstelle mindestens 150 Meter betragen soll (Anlage 1: Einsatz von Geschwindigkeitsmessgeräten). Der Umstand, dass der Verkehrsverstoß zu verkehrsarmer Zeit ("so gut wie keine Person") geschehen ist, vermag einen Ausnahmefall ebenfalls nicht zu begründen, weil es bei den in der Bußgeldkatalogverordnung beschriebenen Verhaltensweisen, die als besonders gravierend und gefahrtragend eingestuft und mit der Verhängung eines Fahrverbots verknüpft werden, auf die Einzelheiten der Verkehrssituation nicht ankommt. Den Betroffenen kann es im Allgemeinen nicht entlasten, wenn die Verkehrsdichte zur Tatzeit gering war (vgl. BGH NJW 1997, 3252 f).
Auch der vom Amtsgericht des weiteren angeführte Umstand, dass die Betroffene unbelastet sei, ist nicht geeignet, einen Ausnahmefall zu begründen. Die Regelahndung nach der Bußgeldkatalogverordnung geht nämlich gerade nicht davon aus, dass der Betroffene vorbelastet ist (BayObLG NZV 1994, 487; OLG Hamm NZV 1995, 366, 367).
Ebenso wenig vermag der gerade Streckenverlauf und der Umstand, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung vor dem Ortseingangsschild nicht vorlag, einen besonderen Umstand i.S.d. 4 Abs. 4 BKatV zu begründen, zumal die Betroffene nach den Feststellungen vorsätzlich gehandelt hat. Schließlich ist auch die Erwägung des Amtsgerichts, dass die Betroffene die Verhängung eines Fahrverbots "beruflich nicht nur unwesentlich treffen würde", zu unsubstantiiert und lässt zudem besorgen, dass das Amtsgericht übersehen hat, dass etwaige wirtschaftliche und berufliche Nachteile, die dem Betroffenen drohen können, nicht ohne weiteres es rechtfertigen, von einem Fahrverbot abzusehen. Solche Nachteile sind nämlich Folge eines Fahrverbots, wobei zudem berücksichtigt werden muss, dass die Betroffene seit dem Vorfallstag, spätestens jedoch seit der Zustellung des Bußgeldbescheides mit einem Fahrverbot rechnen musste und mit Blick hierauf und unter Berücksichtigung der Regelung des 25 Abs. 2a StVG entsprechende Dispositionen treffen konnte.
Wegen der zwischen Fahrverbot und Geldbuße bestehenden Wechselwirkung war das Urteil im Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufzuheben. Eine verfahrensabschließende Entscheidung des Senats gem. 79 Abs. 6 OWiG war nicht möglich, weil das Urteil keine ausreichenden Feststellungen zu der beruflichen Situation der Betroffenen, die die Verhängung eines Fahrverbots als besondere Härte (etwa bei mit zumutbarem Aufwand nicht abwendbarem Verlust des Arbeitsplatzes) erscheinen lassen könnte, getroffen hat. In der neuen Hauptverhandlung wird das Amtsgericht sich dann auch im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes mit der Behauptung der Staatsanwaltschaft in ihrem Rechtsbeschwerdebegründungsschriftsatz auseinander zu setzen haben, ob der Betroffenen die überhöhte Geschwindigkeit und deren Ausmaß durch eine am Ortseingang aufgestellte Geschwindigkeitsmessanlage der Gemeinde zusätzlich verdeutlicht worden war.
Urteil 10
Wer als Fahrzeugführer ohne weitere Vorsichtsmaß nahmen in einen Kreuzungsbereich einfährt, ohne erkennen zu können, welches Lichtzeichen der Ampel aufleuchtet, handelt grundsätzlich grob verkehrswidrig und verantwortungslos, so dass die Voraussetzungen für die Verhängung des Regelfahrverbots vorliegen.
OLG Hamm
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 411/06
Beschluss:
Bußgeldsache
gegegn K.M.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit (fahrlässige Nichtbefolgung des Rotlichts eines Wechsellichtzeichens).
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Iserlohn vom 3. April 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesge richts Hamm am 12. 07. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht (als Einzelrichter gemäß 80 a Abs. 1 OWiG) auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Betroffenen bzw. seiner Verteidiger beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen, da die Nachprü fung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat ( 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO).
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene ( 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO).
Zusatz:
Auf die Ausführungen in der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 21. Juni 2006, denen der Senat beitritt, wird Bezug genommen.
Zutreffend hat die Generalstaatsanwaltschaft ihren Antrag auf Verwerfung der Rechtsbeschwerde u.a. wie folgt begründet:
"Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene Über prüfung des Urteils deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht auf.
Die in sich widerspruchsfreien und nicht gegen Denk- und Erfahrungs sätze verstoßenden Feststellungen tragen die Verurteilung des Betrof fenen wegen einer fahrlässig begangenen Nichtbefolgung eines Wech sellichtzeichens. Wenn das Gericht seine Überzeugung - nach umfas sender Auseinandersetzung mit den teilweise widersprüchlichen Anga ben des Betroffenen und der Zeugen - auf die Aussagen zweier Zeugen stützt, ist das nicht zu beanstanden. Mit der Rüge, das Gericht hätte der Aussage eines anderen Zeugen mehr Gewicht beimessen müssen, kann die Rechtsbeschwerde nicht gehört werden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" liegt nicht vor, da das Gericht die Feststellungen zur sicheren Überzeugung und frei von Zweifeln getrof fen hat (zu vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., 261, Rn. 39
m. w. N.).
Das Gericht hat des weiteren rechtsfehlerfrei festgestellt, dass es auf grund des Überfahrens der Rotlicht zeigenden Ampel zu einer Kollision mit Sachschaden gekommen ist. Auch hat das Gericht die Ampel phasen an der Kreuzung detailliert dargestellt und sich davon über zeugt, dass die Lichtzeichenanlage funktionierte. Die Schlussfolgerung, dass der Betroffene bei schon länger als 1 Sekunde andauernder Ampelphase des Wechsellichtzeichens in die Kreuzung eingefahren ist, da die andere Fahrtrichtung schon lange Zeit "grün" hatte, ist zwingend.
Auch der Rechtsfolgenausspruch lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen. Die für die Fälle der vorliegenden Art vor gesehene Regelbuße gemäß lfd. Nr. 132.2.1 der Anlage zu 1 Abs. 1 BKatV in Höhe von 200.- Euro hat das Gericht aufgrund der Eintragun gen im Verkehrszentralregister maßvoll auf 250.- Euro erhöht. Dass das Gericht offensichtlich den Tatbestand der Nr. 132.1 zugrunde gelegt hat, belastet den Betroffenen nicht. Insbesondere begegnet die Ver hängung eines einmonatigen Fahrverbots keinen Bedenken. Die Voraussetzungen hierfür gemäß 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKatV liegen vor. Im Hinblick auf das Übermaßverbot ist zwar auch in dem nach der Bußgeldkatalog-Verordnung indizierten "Regelfällen" zu prüfen, ob nicht bei Erhöhung der Geldbuße (ausnahmsweise) von dem indizierten Fahrverbot abgesehen werden kann (zu vgl. Hentschel, StVR, 38. Aufl., 25 StVG, Rdnr. 20 m. w. N.); dabei ist jedoch die Grundentscheidung des Verordnungsgebers für Verkehrsverstöße der vorliegenden Art zu respektieren (zu vgl. Beschluss des OLG Hamm vom 28.11.2000 - 4 Ss OWi 969/00 -). Die Urteilsgründe geben zu erkennen, dass sich das Tatgericht der Möglichkeit, von der Verhängung eines Fahrverbots un ter angemessener Erhöhung der Geldbuße abzusehen, bewusst gewe sen ist. Die Erwägungen, mit denen das Gericht von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, sind von Rechts wegen nicht zu bean standen.
Das Gericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein tatbestandlicher Aus nahmefall, welcher eine grobe Pflichtverletzung entfallen ließe, nicht vorgelegen hat. War als Fahrzeugführer ohne weitere Vorsichtsmaß nahmen in einen Kreuzungsbereich einfährt, ohne erkennen zu können, welches Lichtzeichen der Ampel aufleuchtet, handelt grundsätzlich grob verkehrswidrig und verantwortungslos, so dass die Voraussetzungen für die Verhängung des Regelfahrverbots vorliegen (zu vgl. Senatsbe schluss, NZV 1996, 327).
Auch eine besondere Härte hat das Gericht mit zutreffender Begrün dung verneint, da der Betroffene derzeit ohne Beschäftigung und ihm der Verzicht auf den PKW daher zuzumuten ist. Schließlich hat das Ge richt rechtsfehlerfrei das Vorliegen der Voraussetzungen des 25
Abs. 2a S. 1 StVG abgelehnt, da gegen den Betroffenen in den zwei Jahren vor der Ordnungswidrigkeit ein Fahrverbot verhängt worden ist."
Soweit der Betroffene in Erwiderung auf diesen Antrag mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 7. Juli 2006 vorgetragen hat, er sei nicht mehr arbeitslos, sondern arbeite mittlerweile als Kurierfahrer, kann er mit diesen von den allein maßgeblichen und zugrunde zu legenden Feststellungen des angefochtenen Urteils abweichenden Ausführungen im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht ge hört werden. Dabei kann es dahinstehen, dass dem Betroffenen, gegen den bereits im Jahr 2004 ein Fahrverbot verhängt worden war, vor Beginn der Aufnahme einer mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs verbundenen Tätig keit offensichtlich genügend Zeit seit Erlass des angefochtenen Urteils geblie ben wäre, das gegen ihn erneut verhängte Fahrverbot zu realisieren.
Der Senat weist darauf hin, dass mit der vorliegenden Entscheidung auch die Anordnung des Fahrverbots mit sofortiger Wirkung rechtskräftig und der Betroffene nicht mehr zum Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr berechtigt ist, da das Amtsgericht - wie die Generalstaatsan waltschaft vorstehend zutreffend ausgeführt hat - von der Möglichkeit des 25 Abs. 2 a StVG zu Recht keinen Gebrauch gemacht hat.
Urteil 11
Wird vorgetragen, dem Betroffene drohe im Falle der Verhängung eines Fahrverbots der Verlust seines Arbeitsplatzes, muss das mit konkreten Tatsachen belegt werden, die eine solche Befürchtung als tatsächlich begründet erscheinen lassen.
OLG Hamm
Aktenzeichen: 2 Ss OWi 423/06
Beschluss:
Bußgeldsache
gegen R.S.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 22. Februar 2006 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 31. 07. 2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gem. 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Betroffene.
Gründe
I.
Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 22. Februar 2006 wegen fahrlässigen Fahrens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,36 mg/l zu einer Geldbuße in Höhe von 500,-- Euro verurteilt worden. Ferner ist ihm für die Dauer von 2 Monaten untersagt worden, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
II.
Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht angebracht worden, in der Sache selbst muss es jedoch entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft erfolglos bleiben.
Das Urteil lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu Folgendes ausgeführt:
"Die sachlichen Feststellungen des Amtsgerichts zur Atemalkoholkonzentration sind ausreichend; sie tragen den Schuld- und den Rechtsfolgenausspruch. Aus den Urteilsfeststellungen geht hervor, dass die Alkoholkonzentration durch Atemalkoholmessung mittels des Alkoholtestgerätes Dräger 7110 festgestellt worden ist, wobei es sich um ein standardisiertes Messverfahren handelt. Das Amtsgericht hat zum Messvorgang sowohl die Einhaltung der Eichfrist als auch den festgestellten Messwert mitgeteilt; weiterer Feststellungen bedurfte es vorliegend nicht, da Anhaltspunkte für die Annahme, die Bedingungen eines gültigen Messverfahrens seien nicht eingehalten worden, weder ersichtlich noch von dem Betroffenen vorgetragen worden sind. Auch des Abzugs eines Sicherheitsabschlages von dem festgestellten Messwert bedurfte es nicht. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt, dass bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration i. S. von 24 a Abs. 1 StVG unter Verwendung eines Atemalkoholmessgerätes, das die Bauartzulassung für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten hat, der gewonnene Messwert ohne weitere Sicherheitsabschläge verwertbar ist, wenn das Gerät unter Einhaltung der Eichfrist geeicht ist und die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind (zu vgl. BGH, Beschluss vom 03.04.2001 4 StR 507/00 -). Ein ausreichender Ausgleich für verfahrensmäßige Messungenauigkeiten hat bereits bei der Festlegung der Grenzwerte in 24 a StVG durch den Gesetzgeber Berücksichtigung gefunden.
Auch die Erwägungen zum Rechtsfolgenausspruch sind frei von Rechtsfehlern. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, soweit das Amtsgericht die gem. lfd. Nr. 241.1 der Anlage zu 1 Abs. 1 BkatV zu verhängende Regelgeldbuße zur Anwendung gebracht hat, deren Höhe bei Eintragung von bereits einer Entscheidung nach 24 a StVG 500,-- Euro beträgt. Den Urteilsfeststellungen lässt sich entnehmen, dass gegen den Betroffenen wegen Führens eines Kraftfahrzeuges mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,54 mg/l durch Bußgeldbescheid der Stadt Herne vom 03.06.2004, rechtskräftig seit 19.06.2004, eine Geldbuße von 250,-- Euro sowie ein Fahrverbot von einem Monat Dauer festgesetzt worden sind. Demgemäß war diese vorangegangene Entscheidung bei der Festsetzung der Geldbuße nicht tilgungsreif und daher verwertbar.
Auch die Entscheidung, ein Fahrverbot von zwei Monaten gegen den Betroffenen zu verhängen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken nicht. Jene Sanktion bewegt sich einen Monat unter der für einen Verstoß der vorliegenden Art vorgesehenen Regeldauer des gemäß Nr. 241.1 der Anlage zu 3 1 Nr. 1 BkatV zu verhängenden Fahrverbots.
Entgegen der Auffassung des Betroffenen lässt auch die gerichtliche Entscheidung, nicht von der Verhängung eines Fahrverbots absehen zu wollen, Rechtsfehler nicht erkennen. Zwar kann gem. 4 Abs. 4 BkatV in Ausnahmefällen unter Erhöhung der Geldbuße von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden. Die Entscheidung, ob trotz der Verwirklichung des Regeltatbestandes der Bußgeldkatalog-Verordnung der Einzelfall einen solchen Ausnahmecharakter hat, dass ein Absehen von der Verhängung des Fahrverbots gerechtfertigt ist, unterliegt zwar in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung. Dem Tatrichter ist insoweit aber kein rechtlich ungebundenes, freies Ermessen eingeräumt, sondern der ihm verbleibende Entscheidungsspielraum ist durch gesetzlich niedergelegte und von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zumessungskriterien eingeengt. Insoweit unterliegt die verhängte Rechtsfolge hinsichtlich ihrer Angemessenheit in gewissen Grenzen der Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht, was insbesondere hinsichtlich der Annahme der Voraussetzungen eines Durchschnitts- oder Regelfalls anzunehmen ist, zu der auch die Frage der Verhängung des Fahrverbots oder des Absehens von einem solchen zu zählen ist. Soweit der Tatrichter vor diesem Hintergrund ein Absehen vom Regelfahrverbot aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen des Betroffenen für angemessen erachtet, entspricht es einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung, dass hierzu nicht jeder berufliche Nachteil, sondern nur Härten ganz außergewöhnlicher Art Anlass geben, die ggf. im Verlust der wirtschaftlichen Existenz zu sehen sein können (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 06.03.2006 3 Ss OWi 86/06 -). Zwar hat der Betroffene vorliegend wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat vorgetragen, im Falle der Verhängung eines Fahrverbots drohe der Verlust seines Arbeitsplatzes, dies hat er jedoch nicht mit konkreten Tatsachen belegt, die eine solche Befürchtung als tatsächlich begründet erscheinen lassen. Eines eingehenden Auseinandersetzens mit dieser Frage durch den Tatrichter bedürfte es jedoch nur, wenn eine solche Tatsachengrundlage vorhanden wäre, denn die angaben des Betroffenen zu beruflichen oder wirtschaftlichen Schwierigkeiten dürfen von dem Tatrichter nicht ungeprüft übernommen werden, sondern das Urteil muss sich mit der Glaubhaftigkeit seiner Angaben auseinandersetzen, da die Entscheidung über das Absehen vom Regelfahrverbot eingehend zu begründen und mit ausreichenden Tatsachen zu belegen ist (zu vgl. BGH MDR 1992, 278; OLG Hamm, NZV 1996, 118). Konkrete, eine weitergehende tatrichterliche Auseinandersetzung mit dieser Frage gebietende Tatsachen sind vorliegend jedoch nicht zu ersehen. Nach dem Vorbringen des Betroffenen hat der Arbeitgeber sich lediglich gegenüber anderen Mitarbeitern in anderen Fällen mehrmals dahingehend geäußert, ihnen drohe der Verlust des Arbeitsplatzes. Weder ist daher zu ersehen, ob es sich um gleichgeartete Verfehlungen gehandelt hat, die betroffenen Mitarbeiter ähnlich gelagerte Aufgaben wie der Betroffene im Unternehmen verrichtet haben und ob es nach solchen Ankündigungen des Arbeitgebers in anderen Fällen überhaupt zu entsprechenden Folgen gekommen ist.
Die Beharrlichkeit des Verhaltens des Betroffenen ist entgegen dem Rechtsbeschwerdevorbringen durch die hier aufgrund seiner Vorbelastung gegebenen Voraussetzungen von Nr. 241.1 der Anlage zu 1 Abs. 1 BkatV indiziert.
Der Rechtsbeschwerde ist daher ein Erfolg zu versagen."
Diese zutreffenden Ausführungen macht sich der Senat zu Eigen und zum Gegenstand seiner Entscheidung. Soweit der Betroffene in der Rechtsbeschwerde weitere Gründe vorträgt, die ein Absehen von einem Fahrverbot rechtfertigen sollen, kann er damit nicht mehr gehört werden. Derartige Umstände sind vielmehr umfassend in der Tatsacheninstanz vorzutragen; sie können in der Rechtsbeschwerdeinstanz niucht nachgeholt werden.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus 473 Abs. 1 StPO i. V. m. 46 Abs. 1
OWiG.